Forschungsstelle für Personalschriften Marburg

Theologie

Zum Vergrößern hier klickenEpitaph auf Aegidius Ruppersberger in der Kirche zu Schönstadt
Epitaph auf Aegidius Ruppersberger in der Kirche zu Schönstadt  [1/2]

In der Frühen Neuzeit wurde ein "jäher" Tod nur zu häufig als eine von Gott verhängte Strafe für ein sündiges Leben empfunden. Wie groß die Furcht vor einem plötzlichen, unvermuteten Tod war, zeigen uns noch heute zeitgenössische Kirchenlieder wie "So wahr ich lebe, spricht Dein Gott" oder "Aus meines Herzens Grunde", in denen die Verfasser darum bitten, vor "bösem, schnellem Tod" behütet zu werden.

Der protestantische Christ der Frühen Neuzeit starb in der Regel - eingebettet in das ausgeprägte lutherische Sterberitual (Beichte, Absolution, Abendmahl, Singen der Sterbelieder, Lesung der Heiligen Schrift) - einen sanften und seligen Tod.

Völlig außerhalb dieser Normen lag das furchtbare Sterben des Pfarrers Aegidius Ruppersberger zu Schönstadt nahe Marburg, der bei dem Versuch umkam, seine zweijährige Enkeltochter aus dem brennenden Pfarrhaus zu retten.

Der Verfasser der Leichenpredigt, sein Freund und Amtsbruder Gerhard Heilman, zeichnet in der Christlichen Predigt und in den Personalia - entsprechend dem Leichtext Dan 12, V. 3 "Die Lehrer werden leuchten..." - das untadelige Leben des frommen, treuen Kirchenlehrers und Seelenhirten Ruppersberger nach. Dieser Lebenslauf hat dem Verstorbenen zu einem seligen Tod verholfen, lautet etwas verkürzt die Botschaft an die Gemeinde. Heilman substituiert das lutherische Sterberitual durch den christlich geführten Lebenslauf.

Der Pfarrer Martin Gilhaußen, der die Abdankungsrede hält, versucht ebenfalls den "jähen" Tod des Verstorbenen zu begründen und schließt nahtlos an die Argumentation Heilmans an: "Quod hic fuit tormentum, ibi erit ornamentum. Was hier eine Marter gewesen, wird dort eine Ehr und Zierde seyn". Mit der für die skeptische Gemeinde einsichtigen Metapher "Solte der nicht wohl sterben, der in der Liebe stirbt? Die Liebe gegen das liebe Enckelgen ist das Seyl gewesen, so den seel. Herrn Ruppersberger in die Flamme gezogen und folglich zum Tode geführt hat", schließt Gilhaußen seine Beweisführung, die im bildlichen Zeugnis der Tragödie, im Epitaph für die beiden Verstorbenen, wiederaufgenommen wird.

 

Einen multimedial aufbereiteten Einblick in Ruppersbergers Leichenpredigt können Sie in unserer Multimediapräsentation nehmen.

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