Peter Bartheld (1609-1679)
01.02.2014
Kategorie: Leben in Leichenpredigten
Der in der Feinde Blut Sein Schwerdt und Hände wusch mit rechtem Löwen-Muht – Eine hessische Soldatenkarriere im Dreißigjährigen Krieg
Auch für die "Neue Militärgeschichte" eröffnen sich mit Hilfe der Auswertung von Leichenpredigten neue Möglichkeiten und Erkenntnisgewinne.[1] Die in den Personalia enthaltenen Aussagen über frühneuzeitliche Militärs - zumeist Offiziere - lassen Rückschlüsse auf Stationierungsorte, Verweildauer an Orten, zurückgelegte Marschrouten und Gefechtsteilnahmen zu. Ferner können Aussagen über die Organisation, Gliederung und Beförderungsstruktur frühneuzeitlicher Kompanien und Regimenter getroffen werden. Mithilfe der biographischen und autobiographischen Angaben über einzelne Personen ist es zudem möglich, soziale Netzwerke zu erschließen sowie Bild und Selbstbild von Offizieren der Frühen Neuzeit zu ermitteln. In Abgleich mit anderen Quellen der Militärgeschichte (z.B. Maß- und Rangierlisten, Stammrollen, Truppen- und Kriegstagebüchern, Akten staatlicher Behörden) kann nun das Bild des frühneuzeitlichen Militärs noch deutlicher gezeichnet werden. Die Leichenpredigt auf den Oberstleutnant Peter Bartheld soll dies im Folgenden veranschaulichen[2]:
Peter Bartheld wurde am 24. Juli 1609 als Sohn von Hermann Bartheld und Anna, geb. Apterod, in Rotenburg an der Fulda geboren. Zeitlebens hinterließen die Verwüstungen seiner Heimatstadt und ihrer näheren Umgebung während des Dreißigjährigen Krieges - insbesondere durch die Kroaten, die etwa im Jahre 1637 unter dem Reitergeneral Johann Ludwig Hektor Graf von Isolani (1586-1640) das Rathaus von Rotenburg zerstörten - bei Bartheld einen bleibenden Eindruck und prägten seine Vita entscheidend. In jungen Jahren besuchte er eine öffentliche Schule, brach allerdings im Alter von 15 Jahren seinen Unterricht wegen der immer stärker um sich greifenden Kriegshandlungen ab. Bereits 1626 trat Bartheld auf Anraten der Eltern in dänische Kriegsdienste ein, und zwar für anderthalb Jahre als Dragoner im Willisischen Regiment unter dem Regimentskommandeur Gustav Willisius. Die Eltern waren es aber auch, welche schließlich von ihm verlangten, den Dienst im dänischen Heer zu quittieren, da er besser der hessischen Heimat dienen solle.
Nach zwei Monaten Zivilleben wurde er schließlich Gefreiter im Weißen Regiment und nahm an Scharmützeln im Eichsfeld teil. Nach Ablauf von sechs Monaten zum Fähnrich befördert, beteiligte sich Bartheld an weiteren Gefechten, darunter auch 1631 an der Einnahme des seit 1623 kaiserlich besetzten Hersfelds, in deren Anschluss die Jesuiten aus der Stadt vertrieben wurden. Weiterhin gelang es ihm, trotz eines für die Hessen verheerenden Gefechtes bei Volkmarsen (17. Juni 1632), seine Kompanie wohlbehalten nach Kassel zurückzuführen. Wegen seiner militärischen Tüchtigkeit beförderte ihn der Regimentskommandeur Oberst Johann von Geyso (1593-1661) zum Leutnant. Ein Angebot des Bruders des Obristen von Geyso[3], doch in dessen Kavallerieregiment als Rittmeister zu dienen, schlug Bartheld aus. Somit aus Treue bei seiner alten Einheit als Leutnant verblieben, diente er schließlich unter schwedischem Oberbefehl in der Schlacht bei Lützen (16. November 1632). Im Laufe des Gefechtes erlitt er eine schwere Schussverletzung. Nach der Schlacht wurde er mit seiner Kompanie nach Goßfelden verlegt und nahm dabei einen kaiserlichen Rittmeister, dessen Fourirschützen[4] und den Knecht sowie zwölf Soldaten gefangen. Bartheld brachte dadurch dem Landgrafen Wilhelm V. von Hessen-Kassel (1602-1637) die ersten Gefangenen ein. Aufgrund seiner steten Pflichterfüllung und bewiesenen Tapferkeit wurde ihm vom zwischenzeitlich zum Generalleutnant beförderten von Geyso die Kapitänleutnantsstelle in der Leibkompanie übertragen. Er nahm den Posten an, unter der Bedingung, dass er die nächste frei werdenden Hauptmannsstelle übernehmen könne. Landgräfin Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel (1602-1651) gab ihr Versprechen, diesen Wunsch, dem Kriegsbrauch folgend, zu erfüllen. Neun Monate später verstarb der Kapitän der Leibkompanie und Bartheld rückte in dessen Position auf. Er blieb zehn Jahre Hauptmann der Einheit und nahm an verschiedenen Feldschlachten und Belagerungen teil, darunter an der Einnahme Hamelns 1633[5], an den Schlachten bei Nördlingen (6. September 1634) und Wittstock am Scharfenberg (4. Oktober 1636) sowie an den Gefechten bei St. Antonius-Heyde[6] (17. Januar 1642) und Grevenbroich (14. Juni 1648). Weiterhin stritt er bei den Belagerungen Paderborns[7], Marburgs[8], Hombergs[9] sowie des Hauses Werlin[10] und kämpfte 1636 beim Entsatz des belagerten Hanaus. 1639 wurde er zum Kommandanten der Festung Spangenberg ernannt.
Während seiner eher ruhig verlaufenden Kommandantenzeit heiratete Bartheld am 14. Mai 1642 in Creuzburg an der Werra Anna Christina (gest. 1666), die Tochter von Johann Sebastian Breithaupt. Seine Frau gebar ihm sechs Söhne und zwei Töchter, welche ihren Vater alle überlebten.
Ebenfalls 1642 fiel der Oberstwachtmeister seines Regimentes vor Paderborn und Bartheld wurde zum Major befördert. Daraufhin stand er bis 1643 wieder im Feld, erhielt aber mit der Ernennung zum Befehlshaber der Festung Rheinfels bei St. Goar bald ein neues Kommando. Dieses Kommando führte er bis 1649 aus. Mit Beendigung des Dreißigjährigen Krieges ersuchte er um Verabschiedung, welche man ihm mit der Auflage gewährte, sich nicht in andere Kriegsdienste zu begeben. 1650 ließ er sich, nach Zwischenaufenthalt in Kassel, in Rotenburg an der Fulda nieder. Landgraf Wilhelm VI. von Hessen-Kassel (1629-1663) bot ihm dennoch bei einer Landvisitation das erneute Kommando über eine Eskadron[11] (in Stärke von vier Kompanien) an, das Bartheld annahm. Landgräfin Hedwig Sophie von Hessen-Kassel (1623-1683) beförderte ihn auf Schloss Naumburg (bei Erbstadt) zum Oberstleutnant und berief ihn kurzzeitig als Kommandant in die Grafschaft Ziegenhain. Am 10. Januar 1666 verstarb Peter Barthelds Ehefrau, und er verbrachte die restlichen Jahre seines Lebens im Witwerstand. Nachdem der Kommandant des Schlosses Marburg, Oberstleutnant Engelhard Breul (um 1600-1674), verstorben war, wurde er am 18. Mai 1676 dessen Nachfolger. Trotz der damit verbundenen Abwesenheit von Rotenburg spendete er des Öfteren für die Bedürftigen seiner Geburtsstadt. Zu Pfingsten des Jahres 1679 erkrankte Peter Bartheld an einer verderbnus seines Magens. Er verstarb am 12. August 1679, nachdem er im Beisein des Garnisonspredigers Andreas Schultze von seinen Kindern Abschied genommen hatte.
STEPHAN GIERSCH B.A. studiert im Master-Studiengang Geschichte mit Schwerpunkt Frühe Neuzeit an der Philipps-Universität Marburg. Während seines Praktikums an der Forschungsstelle für Personalschriften erstellte er innerhalb einer militärhistorischen Projektarbeit Biogramme auf hessen-kasselische Soldaten und Offiziere aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Zudem wirkte Herr Giersch bei der Erfassung und Erschließung von Texten für die digitale Edition "AutoThür" mit.
Bestand: Hessisches Staatsarchiv Marburg
Signatur: 340 v. Hombergk zu Vach, Acc. 1942
Enthalten in: Katalog der Leichenpredigten und sonstigen Trauerschriften im Hessischen Staatsarchiv Marburg (Marburger Personalschriften-Forschungen 14), Sigmaringen 1992
Anmerkungen:
[1] Siehe etwa Frank Zielsdorf, Zwischen Adelsethos und militärischer Professionalisierung. Hessische Offiziere im 17. und 18. Jahrhundert im Spiegel von Leichenpredigten, Magister-Arbeit Gießen 2004; ebenso mehrere Beiträge in der Artikelserie "Leben in Leichenpredigten", z.B. Eva Bender, Carl Graf von Kunowitz (1674-1698). Die Beliebung zum Krieg - Die treibende Motivation junger Adliger für den Militärdienst, in: Leben in Leichenpredigten 11/2009, hg. von der Forschungsstelle für Personalschriften, Marburg, Online-Ausgabe: www.personalschriften.de/leichenpredigten/artikelserien/artikelansicht/details/carl-graf-von-kunowitz-1674-1698.html (Zugriff: 15.01.2014); des Weiteren die Beiträge zur Militärbiographik im Tagungsband Michael Epkenhans/Stig Förster/Karen Hagemann (Hg.), Militärische Erinnerungskultur. Soldaten im Spiegel von Biographien, Memoiren und Selbstzeugnissen (Krieg in der Geschichte 29), Paderborn u.a. 2006; und Michael Kaiser, Zwischen "ars moriendi" und "ars mortem evitandi". Der Soldat und der Tod in der Frühen Neuzeit, in: Ders./Stefan Kroll (Hg.), Militär und Religiosität in der Frühen Neuzeit (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit 4), Münster 2004, S. 323-343.
[2] Andreas Schultze, Christlicher Kriegs-Held/ abgebildet Aus der Epistel an die Philipper Cap. III.v.20,21. [...], Marburg 1680.
[3] Vermutlich Ludwig von Geyso (1600-1644). Dieser war Obrist in hessen-kasselischen Diensten.
[4] Ein Unteroffiziersdienstgrad, der für die Verpflegung und das Rechnungswesen einer Einheit verantwortlich war.
[5] Kapitulation Hamelns am 13. Juli 1633, nachdem die kaiserlichen Truppen am 8. Juli 1633 in der Schlacht bei Hessisch-Oldendorf eine Niederlage hinnehmen mussten.
[6] Heute St. Tönis (1970 Zusammenlegung mit der Gemeinde Vorst zur Großgemeinde, seit 1979 Stadt Tönisvorst). In der Nähe fand die Schlacht von Kempen statt.
[7] Vermutlich 1633. Die Stadt wurde allerdings insgesamt 16-mal im Dreißigjährigen Krieg belagert. An welcher Belagerung Bartheld teilnahm, geht aus der Quelle nicht genau hervor. 1642 kämpfte sein Regiment vor Paderborn, 1646 widerfuhr Paderborn die Schleifung durch schwedische und hessische Truppen.
[8] Belagerung im Zuge des Hessenkrieges.
[9] In der Quelle unklar ob Homberg (Efze) oder Homberg (Ohm) gemeint ist. Beide wurden von Kaiserlichen mehrmals angegriffen und geplündert. Homberg (Ohm) wurde 1646 von schwedischen und hessischen Truppen besetzt. Homberg (Efze) wurde 1648 von hessischen Truppen unter Generalmajor von Rabenhaupt für Hessen-Kassel zurückerobert. Allerdings decken sich diese Jahreszahlen nicht mit dem in der Quelle angegebenen Zeitraum von 1633-1642. Eventuell war Bartheld an Entsatzversuchen bei den kaiserlichen Belagerungen 1636 (Homberg/Ohm) oder 1638 bzw. 1640 (Homberg/Efze) beteiligt. Entfernt wäre auch an eine Beteiligung an Gefechten bei Homburg vor der Höhe zu denken.
[10] Die Ortsangabe Haus Werlin unklar. Eventuell handelt es sich um Werl in Westfalen.
[11] Eskadron bezeichnete im 17. Jahrhundert sowohl bei Infanterie als auch Kavallerie einen aus drei bis fünf Kompanien bestehenden selbstständigen Truppenteil, der keinen vollen Regimentsstab hatte und schwächer als ein Regiment war. Später der Titel für eine Kavalleriereinheit in Größe von zwei Kompanien. Vgl. Walter Transfeldt, Wort und Brauch in Heer und Flotte, 9. überarbeitete und erweiterte Aufl., Stuttgart 1986, S. 145.
Zitierweise: Stephan Giersch, Peter Bartheld (1609-1679). Der in der Feinde Blut Sein Schwerdt und Hände wusch mit rechtem Löwen-Muht –
Eine hessische Soldatenkarriere im Dreißigjährigen Krieg, in: Leben in Leichenpredigten 02/2014, hg. von der Forschungsstelle für Personalschriften, Marburg, Online-Ausgabe: <http://www.personalschriften.de/leichenpredigten/artikelserien/artikelansicht/details/peter-bartheld-1609-1679.html>