Wilhelm Friedrich Werner (1648-1723): Lebenslauf
Bibliographischer Nachweis:
Hankel, Johann August: Die gewisse Seligkeit der Glaubigen..., Frankenhausen o.J., S. 42–48.
Stephan Giersch (Texterfassung und -erschließung), Jörg Witzel (Leitung, Korrektur und TEI-Codierung)
© Forschungsstelle für Personalschriften, Marburg, 2013
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Titelblatt

Die gewisse Seligkeit der Glaubigen,
Welcher sich
Der MAGNIFICUS,
HochEdelgebohrne, Veste und
Hoch=
gelahrte Herr,
Herr Wilhelm
Friedrich Werner,
Vornehmer ICtus,
COMES PALAT.
CAESAR.
Und Hochfürstl. Schwartzb. Hochverordneter Rath,
Cantzley=Director,
und des Consistorii hochansehnlicher
Praesident allhier zu Franckenhausen,
Auf seinem Krancken=Lager erfreulich
getröstete,
Und deßwegen
In Hoffnungs=voller Zuversicht seine den 8. Januarii 1723. erfolgte Todes=
Veränderung über sich nahm,
Wurde hernachmahls,
Da man Dessen entseelten Leichnam
den 17. darauf als den II. Sonntag nach der Erscheinung
Christi
In hiesiger Unter= und Haupt=Kirche zu seiner daselbst bereiteten
Grabes=Stätte
Unter sehr ansehnlichen und solennen Exequien
brachte,
Der
Christlichen Versammlung
in der gehaltenen
Leichen=Predigt
zur
Betrachtung vorgestellet
von
M. Jo. August Hanckeln,
Diac.
Franckenhausen, druckts Joh. Mich. Landgraf, Fürstl. Schwartzb.
Hof=Buchdr.
Seite 42

PERSONALIA.
OBwohl dem allmächtigen Schöpffer Himmels und der Erden in
allen Dingen die Ehre
allein gebühret, so ist doch seine Güte gegen
die Menschen so groß, daß wie Er sie,
als sein Ebenbild, in sehr vie=
len Stücken seiner Göttl. Herrlichkeit mit
geniessen lässet, so soll es
auch in Ansehung der Ehre geschehen. Er will dahero
durch den
Mund seines heiligen Apostels, daß iedermann Ehre gegeben wer=
den soll, dem die Ehre gebühret. Nun machen die geheiligten
Blätter,
auf welchen dieser Göttliche Befehl ausgedrücket, solcher Ehrwürdigen
Personen
unterschiedene nahmhafft, doch werden absonderlich auch Obrigkeitliche
Personen, und
graue Häupter als Venerabiles darinne vorgestellet. Und auch
die Heyden haben aus
ihrer Vernunfft die Ehre erkannt, welche dergleichen Per=
sonen gebühret,
daß daher der ansehnliche Iuris Consultus Callistratus seiner
Stadt einen gar guten Ruhm beylegt, wenn er
dieselbe mit diesen Lob=Worten
bey der Nachwelt verewiget: Semper in civitate nostra
senectus venerabilis
fuit; Namque maiores nostri pene eundem honorem senibus, quem
magi-
stratibus tribuebant: Seine Stadt wäre iederzeit gegen alte
Personen ehrerbie=
tig gewesen, sie hätte solches Wohlverhalten von ihren
Vorfahren geerbet, denn
diese hätten graue Häupter fast so hoch geehret, als hohe
Obrigkeiten. Misset
nun dieser wohlberühmte Rechts=Gelehrte die Ehre, so denen Alten
erwiesen wird,
gegen die Ehre Obrigkeitlicher Personen ab, so muß ja wohl, wo beydes
zusam=
men kommt, solche Ehre verdoppelt werden. Dieses finden wir an
dem
Magnifico, HochEdelgebohrnen, Vest und Hochgelahrten Herrn,
Herrn Wilhelm Friedrich Wernern, vornehmen ICto, und
Comite
Palat. Caes. Hochfürstl. Schwartzburg. anhero Hoch=
verordneten
Cantzley=Directore, und Hochansehnl. Consisto-
rial-Praesidenten. Dieser
Aelteste, so wohl fürgestanden, ist ja zwiefacher
Ehren werth zu halten, wie denn
auch nicht nur unsere Stadt Dessen geehrtes Al=
ter und hohen Character
mit ehrerbietigen Augen angesehen, sondern auch selbst
die Gesalbten des HErrn aus
dem Durchlauchtigsten Hause Schwartz=
burg Ihn hoher Ehren würdig
gehalten, und hochansehnl. Ehren=Aemter gnädigst
anvertrauet haben. Ist aber nun der
wohlsel. Herr Cantzley=DIRECTOR
im Leben so hoch geehret worden, so würde es ja
höchst unbillig seyn, wo nicht auch
bey Dessen, nach GOttes heiligem Rathschluß
erfolgtem seeligen Tode Seiner noch
mit Ruhm gedacht, und Dessen geehrter
Lebens=Lauff bey jetziger Ehren= und
Gedächtniß=Predigt, dem Christl. Gebrauch nach,
öffentlich vorgelesen werden
solte. Wiewohl wir nicht nöthig haben, selbst Hand und
Feder dran zu legen,
weil Er die vornehmsten Contenta davon bey seinem Leben schon
mit eigner Hand
aufgezeichnet. So höre denn Ew. Christl. Liebe den wohlsel. Hrn.
Cantzley=
DIRECTOREM selbst nach seinen eigenen Worten reden, wie Er
zur Christlichen
Erinnerung seines sterblichen Wesens Sein Ehren=volles Leben auf
folgende
Weise beschrieben hat:
Durch GOttes des Allerhöchsten Gnade bin ich auf diese Welt gebohren
zu Grießheim, an der Ilm, in dem Fürstenthum
Schwartzburg, den 17. April.
styl. vet. Ao.
1648. Und ist mein seelger Vater gewesen weyl. Tit. Herr Michael
Werner, auf die 38. Jahr Pfarrer zu Grießheim. Meine seelge Mutter aber
Frau Anna Maria, eine gebohrne Weitzin. Der Groß=Vater vom Vater ist
ge=
wesen Herr Valentinus Werner,
anfangs Diaconus zu Thanne in Francken,
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von dannen Er des Evangelii halber vertrieben,
und darauf nacher Priesteblich
in der
Superintendur Eulenburg zum Pastorat vociret worden. Der Aelter=
Vater
ist gewesen Herr Magister Valentinus Werner,
Archidiaconus zu Suh=
le,
nachgehends aber zu Opfferhausen, im
Hennebergischen. Gestalt denn auch
dieses Priester=Geschlechte biß auf
Lutheri Reformations=Zeiten fortgeführet
werden könte. Die Groß=Frau Mutter vom Vater ist gewesen Frau Catharina,
eine gebohrne Müllerin aus Francken. Der Groß=Herr Vater von Mütterl.
Seiten der weyl. aus seinen
Schrifften wohl bekandte und berühmte Polyhistor,
Philosophus und Poëta, Herr M.
Iohann Weitzius, Director bey dem Hoch=
fürstl. Gymnasio zu Gotha. Die
Groß=Fr. Mutter Mütterl. Seiten ist gewe=
sen Frau Sophia Försterin, aus Coburg, und hält man unvonnöthen, die andern
ehrlichen und Christl.
Vorfahren weiter anzuführen. Es haben aber meine
liebe Eltern ihre vornehmste Sorge
seyn lassen, mich bald nach der Gebuhrt, nem=
lich den 13. April meinem Erlöser in der H. Tauffe durch Christliche
Mittels=Per=
sonen vortragen zu lassen. Und sind die Tauff=Pathen
gewesen, Herr Hart-
mann Wilhelm,
von und auf Grießheim, und weyland Hr. Friedrich Rauschart,
Pfarrer zu Angestädt, von welchen ich mit dem Nahmen Wilhelm Friedrich
be=
leget worden. Sobald es nun die kindlichen Jahre zugelassen, haben
mir mei=
ne Eltern einen privat-Informatorem gehalten, bald aber nach Erreichung des
7.
Jahres mich in die Stadt=Schule nach Ilm gebracht, und der Information
des damahligen
Rectoris, Herrn Israel Brassicani, untergeben,
dessen treufleißige
und geschickliche Information ich auch biß ins Grab rühmen werde.
Gestalt ich
denn die 6. Jahr über, als ich daselbst
frequentiret, sowohl in Latinis, als Graecis,
gute Fundamenta geleget, daß ich darauf
im 13. Jahre meines
Alters auf die da=
mahls unter dem berühmten Schul=Mann und
Rectore, Herrn M. Stechanio
florirende Schule
nacher Arnstadt gebracht, und
hernachmahls bey ereignender
bequemen Gelegenheit nacher Merseburg zu dem damahligen Dom=Dechant,
Herrn Curt Heinrichen von Grießheim, Chur= und Fürstl.
Sächsischen Hof= und
Appellation-Rath, auf Dörnfeld und Netzschkau,
kommen, und mit dessen Söh=
nen die privat-Information benebst vielen
grossen Wohlthaten biß in mein 16.
Jahr genossen, worauf ich mich, auf meines seelgen Vaters Befehl, Anno 1665.
auf
die Universität Jena gewendet, und
das Studium Iuris mit Väterl. Consens
ergriffen, nachdem ich vorhero in
Philosophicis, so weit es zu meinem Vorhaben
gewesen, mich feste gesetzet, und unter
dem Herrn Bechmanno, als damahligem
Professore
Philosophiae primae, die Logicam und Metaphysicam, unter dem
Herrn Götzen aber die andern Theile der Philosophie, auch in Historicis
und
politiori litteratura den vortrefflichen Polyhistor. Ioh. Andr. Bosium gehöret;
nachgehends das Studium Iuris vorgenommen,
und zwar unter Anweisung des
alten Herrn Richteri, Struvii, Schröteri und Bechmanni, worbey ich denn auch
darneben bey dem seeligen Herrn Doctor
Niemann ein Collegium über die Lo-
ca difficiliora Scripturae S. Novi Testam. abgewartet. Nach ausgehaltenen
dreyen Jahren hab ich mich wiederum auf Merseburg gewendet, allda bey dem
berühmten ICto, Herrn
Iohann Ernst Norico, Hochfürstl. Hof=Rath, der
pri-
vat-Information, sowohl im iure civili, als publico, wie nicht
weniger der An=
führung zur Praxi rühmlichst genossen. Als nun der
Hochfürstl. Hofmeister
bey dem letzteren Hertzog von dem Fürstl. Piastischen Stamm in
Schlesien, Herrn
Georg Wilhelmen, Fürsten zu Liegnitz,
Brieg und Wohlau, der Herr von der
Oelschnitz, mich aus sonderbahrer
Confidence, und Absicht zu einer Employ, zu
sich verlanget, so bin willig gefolget,
und habe mich mithin in die Käyserl. Erb=
Lande begeben, da denn nach der
Zeit geschehen, daß als hochgedachter Hertzog in
dem 1675. Jahre mit Tode abgegangen,
und mit ihm gemeldeter Fürstl. Stamm
erloschen, (massen denn das Wapen mit Ihm
gewöhnlicher Massen zu Liegnitz in
die Grufft gelegen worden,) und also erwehnte 3.
Fürstenthümer an ihre Käy=
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serliche Majestät verfallen, mithin aber zu
gröstem Leidwesen derer gesamten Un=
terthanen das freye Exercitium
Religionis Augustanae aufgehöret, so habe ge=
stalten Dingen nach länger
allda zu subsistiren nicht vor rathsam befunden, mich
also auf Einrathen des
Hochfürstl. Merseburgischen Geheimden Raths, wie auch
obgedachten Herrn Hof=Rath
Norici, auch des ältern Herrn von der Oelschnitz, da
mir als Hofmeister 3. junge
Cavalliers zu führen anvertrauet worden, mit denen=
selben die
Universitäten Leipzig und
Altdorff
in die 6. Jahr besuchet, und mich da=
selbst
aufgehalten, des Vorsatzes in Franckreich
mitzugehen. Nachdem aber mei=
ne Fr. Mutter, als eine 72jährige Wittwe,
inständig angehalten, und verlangt, daß
ich zurück gehen, und einst zur Ruhe zu
kommen suchen möchte, so hab ich mich als
ein gehorsamer Sohn erwiesen, und bin bey
Ihr im Novembr. Anno
1681. ange=
langt, und mich wenige Wochen aufgehalten, da es denn
durch sonderbahre Gött=
liche Schickung geschehen, daß ich bey denen
damahls Hochgebohrnen Graffen und=
Herren, Herrn Christian Wilhelm, und Herrn Anthon Günthern, der
Vier Graffen des Reichs, auch Graffen zu
Schwartzburg und Hohnstein, etc.
welche damahls gleich über Ihrer Freund=Brüderl.
Vertheilung in dem Reichs=
Ambte Gehren begriffen gewesen, meine unterthänigste Aufwartung abgestattet,
und die Gnade gehabt, daß von dem erstern mir Hof=Raths=Platz so fort ange=
tragen worden, massen ich denn auch den 7. Febr.
des folgenden 1682. Jahres, zu
Sondershausen, nach abgelegter
Pflicht, als Hof= und Consistorial-Rath in Ho=
her Gegenwart hochermeldter
Sr. HochGräffl. Gnaden installiret worden. Wel=
cher Function ich biß A. 1700. also in die 18.
Jahr vorgestanden, und sodann im
October gedachten Jahres, Vice-Cantzlers=Stelle erhalten.
Nachdem aber der
weyl. Hochgebohrne Graff und Herr, Herr Albecht Anthon, derer Vier
Graffen des Reichs, Graff zu
Schwartzburg und Hohnstein etc. mich als Cantzley=
Directorem und
Praesidem Consistorii nacher Franckenhausen vociret, und mich
von meinem vorigen Gnädigsten Herrn,
welcher seine sonderbahre Gnade und
Gewogenheit gegen mich in Verlangung meiner
weitern Dienste häuffig spühren
lassen, loß gemachet, so habe auch als ein zu
unterthänigster Folge verbundenes Lan=
des=Kind solches vor eine Göttl.
Schickung in Unterthänigkeit angenommen, und
sothanen Dienst, nach abgelegter
Pflicht, Anno 1702. den 2. Febr. mit GOtt
ange=
treten, darinne ich auch von Dero Nachfolger in der Regierung, dem
Durchlauch=
tigsten Fürsten und Herrn, Herrn Ludwig Friedrichen, Fürsten zu Schwartz=
burg
etc. Christmilden Andenckens, und nach Dero auch frühzeitig erfolgtem To=
des=Fall, von Dero Successore, dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn,
Herrn
Friedrich Anthonen, Fürsten zu Schwartzburg
etc. meinem Gnädig=
sten Fürsten und Herrn, bestätiget worden, und
nunmehro in die 19. Jahr
ver=
waltet, und zwar sonder eiteln Ruhm mit aller Sorgfalt, Treu
und Fleiß, bey
vielen schlafflosen Nächten, mit Ubernehmung vieler wichtiger und
schwehrer Ne-
gotiationen. Da ich denn in des gesammten Hohen Hauses
Schwartzburg
Diensten die Zeit über an den allerhöchsten Käyserlichen, ingleichen 4.
Königliche,
und so viele Churfürstl. auch noch verschiedene andere Geist= und
Weltliche Fürstl.
Höfe verschickt worden, und hochgedachten Hauses Interesse, und
Deren Unter=
thanen und Lande Bestes, nach aller Möglichkeit gesuchet und
befördert, dabey ich
denn GOttes gnädigen Beystand und Gedeyen bey manchem
vorgefallenen
schwehren Fall augenscheinlich gespühret, indem ich mich iederzeit
aller Aufrichtig=
keit und Redlichkeit, sonder einige Practiquen oder
falsche Händel, beflissen, und da=
bey bey Hohen und Niedrigen durch
GOttes Gnade verlangten Ingress gefunden.
Bey meinen übrigen Ambts=Verrichtungen habe
ich mich gleich durchgängiger Iu-
stiz in Bestraffung derer Bösen und
Beschützung derer Frommen ohnpartheyisch
bedienet, und mir angelegen seyn lassen, die
Partheyen von unnöthigen Processen,
und insonderheit in Iniurien=Sachen, durch
behuffige Vorstellungen deren damit
ohnvermeidlich verknüpfften Unkosten, vieler
Unruhe, Versäumniß, und andern,
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auch biß an die Seele reichenden,
Ungelegenheiten ab= und hingegen zu gütli=
chem Vergleich angerathen, wie
ich mich denn auch hertzlich erfreuet, wenn der=
gleichen statt gefunden.
Was ich sonst bey dem gemeinen Besten sowohl in der
Stadt, als auf dem Lande mit
erforderten Verordnungen, auch Rath und That
beytragen können, solches hab ich eyfrig
gethan, dabey ich auch, des öfftern Wi=
derspruchs ohngeachtet, in dem
Wege Rechtens fortgefahren, wie denn die gan=
tze hiesige werthe
Bürgerschafft wird bezeugen können, wie ich mit ohngespar=
ter Mühe und
Verdruß, über gute Policey, Zucht und Ordnung treulich gehal=
ten. Nachdem
nun sonst meine Ambts=Verrichtungen sowohl als öfftere
Reisen, auch manchmahl
ziemlich lange daurende Abwesenheit mich zu einer
Einrichtung eines Haußwesens
veranlasset und genöthiget; Als habe ich mir
des damahligen HochGräfl.
Schwartzburgischen Cantzlers, und nachherigen
Geheimden Raths, Herrn Gustav Christian Happens, Com. Palat. Caesar.
älteste
Tochter, Jungfer Annen Dorotheen Happin, zur
Eh=Gehülffin auser=
sehen, und auf vorher erlangten Herrschafftl.
Gnädigsten, wie auch Elterlichen
Consens, Anno
1683. den 21. Febr. mich zu Sondershausen mit Ihr trauen las=
sen, wiewohlen ich in
sothaner vergnügten Eh länger nicht, als vier Jahr ge=
sessen, indem meine
gewesene Ehe=Liebste, Anno 1686. in GOtt sanfft und seelig
entschlaffen, aus welcher Ehe 3.
Kinder, als 2. Söhne und 1. Tochter erziehlet
worden, derer Ihrer noch 2. am Leben,
das dritte aber bald nach seiner Gebuhrt
verschieden. Als aber aus obangezogenen
Ursachen mein Haußhalt nicht an=
ders geführet werden können, so habe nach
ausgewartetem Trauer=Jahre
mich auf gleichmäßig vorhergehenden Herrschafftl. auch
Mütterl. Consens an=
derweit mit seelgen Herrn Caspar Richters, des jüngern, Ambtmanns zu
Wansleben, im Hertzogthum Magdeburg,
hinterlaßnen dritten Tochter, Jgfr.
Marthen Elisabethen, in ein ehlich Verlöbniß
eingelassen, solches auch Anno
1687. den 9.
Febr. durch Priesterl. Copulation vollzogen, und mit Derselben
eine
friedliche und gesegnete Ehe geführet, es ist aber solche Freude abermahls
durch den
Tod zerstöhret worden, indem Sie Anno 1693. den 21.
Novembr.
von GOtt, durch einen sanfft= und seelgen Tod, von dieser
Jammer=vollen Welt
abgefordert, und in sein ewiges Freuden=Reich versetzet worden,
nachdem wir
durch Göttl. Seegen in sothaner Ehe gezeuget 4. Söhne und 1. Tochter,
welche
nach GOttes unwandelbaren Rath sämtl. in der seelgen Ewigkeit befindlich.
Bey welchen ermeßlichen Umständen ich nach zurück gelegter Trauer=Zeit auf
eine
anderweitige Versorgung theils des vermehrten Haußwesens, theils aber
und
insonderheit, wegen behöriger Education meiner noch unerzogenen 3. Kin=
der, ohnumgänglich auf eine anderweitige Heyrath bedacht seyn müssen, mas=
sen ich mich nach ungezweiffelter Göttl. Fügung mit weyl. (Salv. Tit.) Herrn
D.
Wilhelm Leysers, Hochberühmten Professoris und
Antecessoris bey der
Universität Wittenberg,
wie auch Assessoris des Churfürstl. Sächsischen Hof=
Gerichts,
Schöppen=Stuhls, wie auch Facultatis Juridicae und Ober=Consi=
storii
daselbst, dritten Tochter, Jungfer Johannen
Cäcilien, mit Dero nun=
mehr auch seelgen Frau Mutter
Consens, und auf Einrathen Dero Vorneh=
men Anverwandten, ehlich
versprochen, und den 13. Iun. Anno 1695.
vermit=
telst Priesterlicher Copulation, die Ehe zu besagtem Wittenberg vollzogen.
Zu welcher Ehe
auch GOtt alles vergnügliche Glück, Zufriedenheit und Seegen
(davor Ihm ewiges Lob
und unsterblicher Danck gesaget sey) aus Väterlicher
Genade und Barmhertzigkeit
verliehen, indem Er uns nicht allein 4. Kinder,
als 2. Söhne und 2. Töchter
geschencket, sondern auch uns nunmehro biß an
das 26. Jahr bey gutem Ruhestand genädiglich erhalten; der wolle uns
auch
ferner gnädig seyn, und verhelffen, daß die kräncklichen hefftigen Zufälle, die ich
bey meinem 73sten Jahre des
Alters eine ziemliche Zeit her erlitten, nach seinem
heiligen Wohlgefallen
mögen erträglich seyn, und wir nach seinem heiligen
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Wort und Willen, als fromme rechtschaffene
That=Christen, zu seinem Dienst,
Lob und Ehren uns verhalten, und uns zu einer
seeligen Abfahrt in steter Be=
reitschafft halten mögen, durch JEsum
Christum unsern Seeligmacher, Amen.
Mit diesem Amen endet sich die eigene Lebens=Beschreibung unsers
wohlseel. Herrn
Cantzley=DIRECTORIS. Es könte zu derselben noch un=
terschiedenes gesetzt,
und zu Dessen hochverdienten Ruhm und Ehren angefüh=
ret werden; Doch da
der Seelige Mann sich allwege in seiner ietzt verlesenen
Biographie selbst einer
Christlichen Bescheidenheit beflissen, so würde dersel=
ben zuwider
gehandelt werden, wo man Ihn mit grossen Lobsprüchen erheben
wolte; wie denn ohnedem
rechtschaffene Tugenden dadurch eher verdächtig ge=
macht, als ihrer
Wahrheit nach bestätiget werden, wenn sie mit einem Schmei=
chel=Stylo
beschrieben, und mit Thrasonischen Argumenten bewiesen werden.
Mit Grund der Wahrheit
aber kan an dem seeligsten Herrn Cantzley=DIRE-
CTORE die ächte
Gelehrsamkeit gerühmt, und zu seiner Ehre nachgesaget wer=
den, daß Er die
gute Anführung seiner von Ihm selbst gerühmten Herren Prae-
ceptorum und
Professorum in der That gut angewendet, und bey allen Gele=
genheiten von
seinen vortrefflichen Wissenschafften herrliche Proben an den Tag
geleget, wie denn
ein fruchtbarer Baum seine schönen Früchte, und ein helles
Licht seinen angenehmen
Glantz unmöglich verborgen halten kan. Bey sei=
nem gewiegten Studio
Iuridico aber hat Er auch das Theologicum nicht ver=
gessen, und nechst
dem Sacro Codice auch an andern Geistl. Büchern ein grosses
Vergnügen gefunden, auch
denen geheiligten Principiis unserer Christl. Reli=
gion im Leben nach
allen Vermögen nachzukommen gesucht, denn Er wuste
wohl, daß wo man bey der Ehre, die
wir in der Welt geniessen, nicht auch dem
Allerhöchsten, durch die lebendig erzeigte
Krafft eines wahren Glaubens, in un=
serm Christenthum die gebührende Ehre
gäbe, die irdische Ehre mehr einem
schädlichen Gifft zu vergleichen, als vor ein
bewährtes Mittel zu unserm wahr=
hafftigen Wohlstande, zu achten sey. Wie
sich denn der Seeligste Mann, da
Er in seinem eignen Aufsatze nur dasjenige Gute
berühret, so Er nach Erfor=
derung seiner hohen Aembter ausgeübet, in
seinem gantzen übrigen Christen=
thum also verhalten, daß auch dadurch die
Ehre seines Nachruhms allerdings
gar sehr vergrössert wird. Er ehrte seinen GOtt mit
einem andächtigen Ge=
beth, welches sowohl bey dem öffentlichen
Gottesdienst in die Wolcken stieg, als
auch in denen Hauß=Betstunden mit grosser
Devotion verrichtet wurde. Wie
viel denen Armen in seinem Hause Gutes gethan worden,
werden diese selbst
am allerbesten zu rühmen wissen, und ihre über diesen hohen
Todes=Fall häuf=
fig vergossene Thränen sind unverwerffliche Zeugen davon.
Da auch die Ge=
sundheit als ein grosses Gnaden=Geschencke des gütigsten
GOttes von recht=
schaffenen Christen zu erkennen ist, wie denn unter
denen zeitlichen Gütern,
auch nach des Heydnischen Platonis Ausspruch, τό ὑγιαίνειν ἄριςον
wohlauf seyn,
das schönste Guth ist, so suchte unser seeligster Herr
Cantzley=DIRECTOR
auch diesen edlen Schatz durch eine Christliche Mäßigkeit und gute
Diaet nach
allem Vermögen zu erhalten, und auch in dem Glück seinen Wandel Christ=
lich zu führen. Doch bey dem allen erkannte Er auch wohl, daß das Voll=
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kommene erst in jener Welt anzutreffen, hier
aber das sündige Wesen sich alle=
wege mit untermenge, deßwegen Er auch
absonderlich im H. Beichtstuhl zu
der Göttlichen Barmhertzigkeit in Demuth seine
Zuflucht nahm, und durch
den wahren Leib seines theuresten Heylandes, und durch
desselben Blut seinen
Glauben zu stärcken, und die Göttliche Gnade zu erhalten
suchte.
In Betrachtung dieser und aller andern löblichen Tugenden unsers see=
ligsten Herrn Cantzley=DIRECTORIS, ist ja freylich wohl hertzlich zu bedau=
ren, daß nunmehr alle diß Gute auf einmahl mit abgestorben ist: Doch so ist,
was
das natürliche Leben anbetrifft, unser allgemeiner jammerns=würdiger
Zustand
beschaffen, daß es ein Ende mit uns hat, und ein heiliger David
fragen und klagen
muß: wo ist iemand, der da lebt, und den Tod nicht se=
he? Die betrübten
Todes=Vorboten sind, nach dem ordentlichen Lauff un=
serer hinfälligen
Natur, auch bey dem wohlseeligen Herrn Cantzley=DIRE-
CTORE schmertzliche
Kranckheiten gewesen, wie denn bekandt, daß Derselbe
bey herannahendem Alter sich
offt unpäßlich befunden, und mit denen meisten
morbis epidemicis ist angefallen
worden, als febribus, catarrhis, purpu-
ra, pleuritide, doloribus
arthriticis, asthmate, tussi ferina & invetera-
ta, &c. wozu
Dessen offtmahls geschehene beschwehrliche Reisen nicht wenig
contribuiret. Dahero
denn seine sonst gesunde Leibes=Constitution sehr ge=
schwächet worden,
und dargegen eine Disposition ad Phthisin sich in die Brust
gesetzet, welche denn
ratione causarum occasionalium & inevitabilium,
auch nicht totaliter hat können
gehoben werden, wodurch denn das humi-
dum radicale, samt denen Kräfften,
allgemählich verzehret worden. Allhier
heist es: Aliis inserviendo consumor. Doch die
Liebe und grosse Treue zu
HochFürstl. Gnädigster Herrschafft, und Dero Lande
Wohlfahrt, machte ei=
ne geringe AEstimation von seiner Gesundheit und
Leben. Der 11. Decemb.
war ein harter
Vorbothe zu Verliehrung eines solchen ungemein qualificir-
ten, vornehmen
Ministers, indem denselben Abend ein starcker insultus febri-
lis, mit
starckem Frost und Hitze Denselben anfiel, welcher zwar durch des
allerhöchsten
Artztes Göttlichen Seegen, vermittelst derer von S. T. Herrn
D. Gustav Prosper Juchen, Fürstl. Weimarischen Leib=Medico, und
Hoch=
Fürstl. Schwartzburgischen Land=Physico allhier, gegebenen
Medicamenten
und rühmenswürdigen Fleisses den wohlseel. Herrn Cantzley=DIRECTO-
REM verließ, daß Er sich bey Empfindung guter Besserung nach wenigen
Tagen zu seinem ordentlichen hohen Beruff und Frequentirung des öffentli=
chen Gottesdienstes wieder einzufinden anfieng; (wie Er denn gewohnet ge=
wesen, bey Verlassung seiner gehabten Kranckheiten, so bald Er wieder ge=
hen können, seinen unermüdeten Fleiß zu continuiren) biß den 29. ein sehr
gefährlicher catarrhus suffocativus mit
öfftern Niessen, continuirlichen star=
cken Husten, grosser Hitze,
Verliehrung der Sprache und aller Krafft Den=
selben überfallen. Ob nun
wohl erwehnter Dessen in die zwantzig Jahr ge=
wesener Herr Leib=Medicus
allen rühmlichsten Fleiß, und die bewährtesten
und kostbarsten Medicamenten
angewendet, es auch etliche Tage sich zu gu=
ter Besserung ansehen lassen,
indem nach Auswurff vieler materiae purulen-
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tae die Respiration wieder frey worden, die
Sprache wiederkommen, auch
sich einige Kräffte blicken lassen, daß Er bißweilen sich
auf den Stuhl gesetzt, etc.
so hat es doch keinen Bestand haben wollen, sondern es
haben die wenigen Le=
bens=Geister den von etlichen Jahren her
ausgezehrten Leib nach und nach
verlassen. In Summa, der heilige Rathschluß GOttes
solte auch an Ihm
nun vollzogen, und die erlöste Seele zu der Ehre der Heiligen im
Himmel
eingeführet werden. Wozu auch der wohlseelige Herr Cantzley=DIRE-
CTOR durch eine andächtige Praeparation sich stets gefast gehalten, wie
Er
denn von Sr. Hoch=Ehrwürden, dem Herrn Superint. Frischmannen, bey
dessen geschehenen Besuchungen, in seinen piis
meditationibus, erbaulichen
Todes=Discursen, und andächtigem Gebeth unterhalten
worden; dergleichen
auch von Herrn M. Seuberlichen und andern geschehen, wie Er denn auch
nicht weniger
seinen Abschied im Zeitlichen nach gehöriger Ordnung wohl
eingerichtet, und
insonderheit an Ihro Hochfürstl. Durchl. unsern gnä=
digst=regierenden
Landes=Herrn, unterthänigsten Danck vor die Ihm Le=
bens=lang erwiesene
Gnade, nebst Anwünschung einer glücklich= und florissan-
ten Regierung,
abzustatten, dem S. T. Hochfürstl. Schwartzburgischen
Hochbestalten Herrn Hof=Rath
Trautmann aufgetragen, die Seinigen ge=
segnet, welche es denn nachmahls mit eyfrigen Beten und guten Zureden
nicht
ermangeln lassen, biß endlich am 8. Ian.
dieses 1723sten Jahres, Abends zwi=
schen 9. und 10. Uhren des
wohlseeligen Mannes süsse Auflösungs=Stunde
kommen, und Derselbe ohne Ach und Weh,
auch bey beständigem guten
Verstande, Seine durch Christi Blut theuer erlöste Seele
den getreuen Hän=
den seines gütigsten Schöpffers übergeben, und also sein
Ruhm= und Eh=
ren=volles Alter unter Göttlicher Gnade ausbracht auf
75. Jahr weniger 15. Wochen.
S. D. G.