Johann Michael Andreä (1657–1711): Lebenslauf
Bibliographischer Nachweis:
Ludwig, Heinrich Christoph: Der letzte Buß=Tag Des Hoch=Ehrwürdigen und Gottselig=Hochgelahrten Herrn Johann Michael Andreä ..., Rudolstadt o.J., S. 20–30.
Jörg Witzel (Konzeption, Leitung und Korrektur), Christoph Althen (Texterfassung und -erschließung)
© Forschungsstelle für Personalschriften, Marburg, 2012
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Titelblatt

Der letzte Buß=Tag
Des
Hoch=Ehrwürdigen und
Gottselig=
Hochgelahrten
HERRN
Johann
Michael
Andreä/
Hoch=Fürstl. Schwartzb.
Hochverordnet gewesenen Ober=
Pfarrers/ und des
Hochlöblichen Consistorii Assessoris
in Rudolstadt/
Als Derselbe
Den 11. des
Christ=Monats MDCCXI
Als an dem angeordneten letzten
Solennen Buß= Bet= und
Fast=Tage dieses Jahrs/
Sein in die 26.
Jahr rühmlichst geführtes
Kirchen=Amt/
Nach des allein weisen
GOttes und Beherrscher seiner Kirchen/
gnädigsten Willen und
Wohlgefallen/ niederlegte und seinen
Geist sanfft und selig
auffgab/
Am Tage der Christl. Beerdigung des hinterbliebenen
Cörpers/
war der 15. obenermeldten Monats und
Jahres/
In Hoher Gegenwart
Der Hoch=Fürstlichen
Gnädigsten Herrschafft/
Wie auch ungemein starcker Versammlung so wohl
fremder/
als einheimlischer Leich=Begleiter/
In der Kirchen zur
Ehre Gottes daselbst/
Aus dem von Ihm selbst erkohrnen
Leichen=Spruch
1. Tim. I, 15. 16. 17.
Das ist ie gewißlich wahr
etc. = = in Ewigkeit/ Amen.
Zum Trost und seliger Erbauung erwogen und
abgehandelt
von
Heinrich
Christoph
Ludwig/ Superint.
Rudolstadt/ Druckts Heinrich
Urban.
Seite 20

weil ihr noch nicht sündigen könnt. Verziehet nicht fromm zu werden/ und
harret nicht mit Besserung eures Lebens biß in den Tod/ Syr. 18/ 22.
GOtt
wird/ wenn wir Busse thun/ Barmhertzigkeit erzeigen/ als wir
denn auf seine
Güte hoffen. Es ist der heutige Begräbniß=Tag des seli=
gen
Herrn Pastoris der Tag/ an welchem voriges Jahr unser in dem Herrn
ruhender
hochseligster/ weyland gnädigster/ Landes=Herr von dieser Welt
hat Abschied
genommen. Das Andencken ist betrübt; doch da eben die=
ser Tag
das Ende von dem Trauer=Jahre ist/ so bitten wir GOtt/ daß
wie Er uns
dasselbe hat lassen durch seine Gnade überleben/ so wolle Er
uns auch
ferner seine Gnade erzeigen/ und die Hoch=Fürstl. Landes=Herr=
schafft iederzeit väterlich behüten/ Sie mit Gnaden krönen/ und mit sei=
ner Hülffe erfreuen. Wir dancken im übrigen GOtt von Hertzen
für
seinen bißherigen Beystand/ und schliessen aus kindlichem Vertrauen
zu
seiner Güte mit dem Lobe unseres Textes: Gott/ dem ewigen Köni=
ge/
dem Unvergänglichen/ und Unsichtbaren/ und allein Wei=
sen sey Ehre und
Preiß in Ewigkeit/ Amen.
J. N. J.
CURRICULUM VITAE.
UNser in dem HErrn selig entschlaffener Herr Pastor
Andreä hat angemerckt/ daß Er seinen
Lebens=Lauff selbst zu
dreyenmalen habe auffgesetzt/ einmahl Anno 1682. den 5. Junii zu
Ichtershausen/
nachgehends An. 1687. den 13. Julii allhier/ und
denn An.
1698. den 14. Augusti zum 3tenmal/ da Er Anlaß
darzu genommen aus
den Worten des Evangelii: Thue Rechnung von deinem
Haushalten.
So viel als nun itzo nöthig seyn wird anzuführen/ ist aus dem
zu letzt ver=
fertigten/ und von Ihm verwichenes Jahr nur den
13. Aug. wieder revi-
dirten
Auffsatz zu melden/ daß/ nach abgelegter allgemeiner Dancksagung
zu GOtt/
Er also geschrieben:
Lieber GOtt/ ich habe auch über die minutissima meiner Gebuhrt vor
dir
köstliche Gedancken. Sollte ich sie zählen/ so würden ihrer mehr seyn
denn
des Sandes am Meer. Ich mercke danckbar an die Zahl meines Ge=
buhrts=Jahres und und meines Gebuhrts=Tages/ welches ist die Siebende/
die
Zahl der Vollkommenheit. An. 1657. den
27. Aprilis wurde Ich zu
Herschdorff im Amte
Schwartzburg gebohren. Mein nunmehro seliger
Vater war Herr Wolffgang
Andreä/ in das 23. Jahr gewesener Pfarrer
daselbst in seinem Patriâ; Allermassen dessen Vater gewesen Johann
An=
dreä Hoch=Gräfl.
Schwartzb. Amts=Schultheisse daselbst/ die Mutter
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aber Kunigunda eine gebohrne Hendelin aus der Oehlschrött=Mühle.
Wie ich
aber nach väterlicher Linie aus geringen Bauer=Stamme/ also
könte mich von
mütterlicher Seite den Zwölfften aus geistlichem Ge=
schlecht
herrechnen. Meine liebe Mutter (so An.
1705. eben am Char=
Freytage gestorben/ und ich
vorher stets/ wie bekannt/ weil ich in Rudol=
stadt gewesen/ bey mir gehabt)
war Frau Anna
Sabina
Andräin/
eine gebohrne Wernerin. Ihr seliger Vater war Herr
Michael
Werner/ anfänglich zu Poppenhausen in Francken/ nachdem er aber da=
selbst durch die Papisten vertrieben/ zu Geschwenda im Arnstädtischen/
und letztlichen
37. Jahre zu Grießheim an der Ilm
gewesener Pfarrer; die
Mutter aber weyland Fr. Anna
Maria
Wernerin/ des vornehmen welt=
berühmten Philologi Herrn M. Joh.
Weitzens/ Rectoris des Hoch=Fürstl.
Sächs. Gymnasii zu Gotha jüngste
Tochter. Doch was wäre mirs/ noch
so wohl und glücklich gebohren seyn/
daferne ich nicht greiflich wiederge=
bohren worden? derowegen
dancke ich dir auch/ allertreuester GOTT
und HErr/ daß du mich bald meiner
sündlichen Gebuhrt zur Heil.
Tauffe fördern lassen durch drey hierzu
erbetene Tauff=Zeugen. Deren
1ster war Herr Johann
Wolffgang
Voigt/ weyland wohlverdienter Pfar=
rer zu Meusselbach/
der andere Michael
Kühn/ Gräfl. Schwartzb. Amts=
Schultheisse zu Friedrichsdorff/ und
Fr. Agatha/
Meister
Nicol
Unbe=
hauens/ Huffschmiedts
und Inwohners zu Trebischau Eheweib.
Von
denen man mir den Tauff=Nahmen Johann Michael gegeben. Wobey
ich
billig GOttes unermeßliche Gnade preise und danckbar sage: Wer ist
wie
GOtt/ der mich zu seinen Gnaden=Kinde angenommen hat? dessen
mich mein
Tauff=Nahme iederzeit tröstlich anerinnert. Nachdem kaum
ins fünffte
Jahr gieng/ nahm mich mein seliger Vater nicht allein in sei=
ne privat Information, sondern schickte mich auch in die
Dorff=Schule
unter Herrn Joh.
Georg
Vogtens/ damaligen Schuldieners in Herrsch=
dorff Manuduction,
damit ich nebst lesen/ schreiben und singen auch die
Capita pietatis aus
sel. Lutheri Catechismo, wie auch sel.
Herrn D.
Justi
Söffings/ dahier gewesenen General
Superintendentis Fragstücken/ wel=
che eben zu selbiger Zeit zum
erstenmal ausgegangen waren/ erlernen
möchte. Die Rudimenta Latinae
Linguae, wie auch Graecae, legte bey mein=
nen sel. Vater/
welcher mich durch GOttes Gnade auch so weit brachte/
daß in dem eilfften
Jahre meines Alters in der Trivial-Schule zu Königsee
von Herrn
M.
Michael
Ludwigen/ Rectore daselbst/ ich in prima
Classe
den 8ten locum bekam/ biß nach verflossenen fünffviertel Jahren/
mei=
ne liebe Eltern mich wiederum nach Hause nahmen/ und
An. 1669. den 23.
Septemb. Hieher zur Hoch=Gräflich. Landschulen schickten. Dahier
wur=
de ich nun unter sel. Herrn Paul
Mezelium, damaligen Sub-Conrecto-
rem in tertiam Classem Oberster ohne einen bey meiner
Introduction lo-
ciret. Nach verflossenem Jahre translocirte man
mich in Secundam,
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unter die Information des seligen
Herrn Joh.
Christoph
Treuners/ P.L.
C. und gewesenen
treuverdienten Con-Rectoris, bey welchen auch zwey
Jahr zur Kost gienge/
von Ihm selber viel gutes erlernete/ und mehren=
theils dieses
aus seinem Christl. Hertzen und Munde hörtete: Pietas ad
omnia utilis. GOtt
vergelte es allen seinen Nachkommen in der Zeit/
und Ihm in der sel.
Ewigkeit! denn die Lehrer werden mit viel Seegen ge=
schmücket.
Dritte halbe Jahr saß unter Ihm/ hernach nahm mich der
sel.
Herr M.
Joh.
Nicolaus
Stender/ damals auch treugewesener Re-
ctor allhier An. 1672. im Frühlings=Examine mit hinüber in
Classem pri-
mam. Hierauf wurde mein sel.Vater/ welcher bey
Besuchung eines
seiner Pfarr=Kinder mit der damals grassirenden Ungarischen
Bräune
inficiret worden/ ipso die Joh. Baptistae begraben. Wer war nun übler
dran als ich? doch
fügte mir GOtt ein Glück über das andere zu Fortse=
tzung meines
guten Vorhabens. Herr Joh.
Rösser Hoch=Gräfl. Berei=
ter
allhier nahm mich an den Tisch/ und gab mir seine beyde Kinder 1ster
Ehe in
Information. Bald drauf hatte GOtt dem Hochgebohrnen Gra=
fen
und Herrn/ Herrn Alberto
Antonio, der Vier Grafen des
Reichs/
Grafen
zu
Schwartzburg und Hohnstein etc. Meinem
gnädigsten hoch=
geliebtesten Landes=Vater die Christlichen
Gedancken eingegeben einen
Gnaden=Tisch aus Christ=Gräfl. hoher
Mildthätigkeit zu stifften.
Es hatten sich aber seine Hoch.=Gräfl. Gnaden
anbey gnädigst gefallen las=
sen auf meine Dürfftigkeit und
Armuth mit zu reflectiren; Liessen dan=
nenhero durch den sel.
Herrn D.
Söffingen General Superint. und Scho-
lae Inspectorem mir gnädigst primum locum ad Mensam
ansinnen/
welchen auch mit unterthänigster Danckbarkeit annahm/ und
anderthalb
Jahr genoß; Inzwischen in Schola Provinciali durch GOttes
Gnaden=
Beystand unter wohl ermeldteten Herrn D.
Söffingen de rebus sec. XIV.
gestis,
unter Herrn M.
Schwimmers praesidio aber in Logicis de
enuncia-
tione disputirte; So perorirte auch zum öfftern
privatim und publice,
in ligata und prosa, Graecè, Latinè, auch einst
Ebraicè, de Scholarum
utilitate, de Christi Heptalogo, de Rosa
Hierichuntina, de Discordiae
in quovis statu damno & peste, de sole
Patriae & c. Meine valedicto-
ria war in diebus
canicularibus de Mortis Messe, als nemlich An. 1677.
meiner
sel. Mutter jüngster Bruder T.T. Herr Wilhelm
Friedrich
We=
ner/ itziger Hoch= Fürstl.
Schwartzb. Cantzeley= Director zu Franckenhau=
sen in Leipzig bey seinen drey Untergebenen von Adel/ benenntlich Herrn
Wilhelm
Diedrich
von der
Oelschnitz/ zu u. auf Kriegsdorff/ Chur= Sächs.
Obrist= Lieutenant zu
Pferde/ wie auch Herrn Georg
Gottfried
Vitzthum
von Eckstädt aus der Laußnitz/ und denn Herrn Gottfried
von
Schön=
berg uf Schönberg und Rotschenberg/ eines Famuli benöthiget war/ und
mich
propter rem domi angustam dazu begehrte; In der Michaels=Mes=
se dieses Jahrs begab
mich nach hier genommenen glücklichen Discess dort-
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hin/ und ließ mich den 11. Octobris unter den damaligen
Magnifico Hrn.
Joh.
Oleario S. S. Th. D. und Profess. Publico
immatriculiren. Fieng
demnach meine Studia mit GOtt ordentlich an. Zuerst
hielt ich folgen=
de privat Collegia, ein
Ebraico-Chaldaico-Syriacum unter Herrn M.
Daniel
Hasenmüllero, hernach Profess. zu Kiel in Hollstein/ ferner ein
Ethico-
Politicum, Physicum und Metaphysico-Pneumaticum unter
Herrn D.
Valentin Alberti, it. ein
Disputatorium Philosophicum bey
Herrn M.
Engelman[n]en/ weiter 2. Theologica unter Herrn
D.
Joh.
Adam
Schertzern/ Prof. P. das eine über seinen
Breviculum, das andere über das
Breviarium Hülsemannianum. In Homileticis gieng ich
durch alle 4.
Circulos bey Herrn M.
Gräfen/ nachgehends gewesenen Archi-Diac. zu
Sondershausen. Publice aber hörte ich
Herrn D.
Olearium über Dann-
hauer.
Hermeneut. facram. Herrn D.
Rechenbergen über den Evange=
listen Lucam, Hrn. D.
Cyprianum
in Physicis, den alten Herrn Profess.
Thomasium in Oratoria, u.s.w. Hätte auch gerne
ein mehreres ge=
than/ daferne nicht die Contagion den 16. August. 1680. mich aus
Leipzig
nach
Hause zu meiner Mutter getrieben/ welche sich damahls in Ichters=
hausen
häußlich hielt. Weil nun Herr M.
Joh.
Valentin
Schneider/ Pa-
stor und
Superint. daselbst/ 3. Söhne hatte/ und selbige meiner Informa-
tion anvertrauete/ blieb ich allda biß den 10. Maji 1682. Alsdenn begab ich
mich auf die
Academie nacher Jena/
und repetirte daselbst meine Philo-
logie privatim in Ebraicis
bey Herrn Joh.
Andreas
Dantzen/ itzo S. S.
Th. D. und P.P. meine
Philosophie aber bey Herrn D.
Valentin
Velthen/
it. bey Herrn M.
Joh.
Andreas
Schmidten/ itzo S. S. Theol. D. Abte zu
Marienthal/ und Prof. P. zu Helmstädt/ meine Theologie endlichen bey
Herr D.
Joh.
Wilhelm
Bäiern sel. Publicè aber hörte Herrn D.
Bech-
mannen,
Velthen/ Bäiern/ u. s. f. Ich kunte aber auch
hieselbs mein Pro-
pos nicht nach Wunsche ausführen/ sondern
wurde fast tödlich kranck/
und muste mich wiederum im Herbst An. 1684. lassen
in meiner Mutter
Pflege und Haus bringen. Jedoch stärckte mich GOtt wieder/
und ver=
mittelte/ daß An. 1685. bey
der an hiesigen Stadt=Ministerio vorgegan=
gegener Veränderung/
aus sonderbahren Gnaden des hochgebohrnen Gra=
fen und Herrn/
Herrn Alberti
Antonii, der Vier Grafen des Reichs/
Grafen zu
Schwartzb. und Hohnstein etc. Meines gnädigen
Grafen und
Herrns/ (nachdem seine Hoch=Gräfl. Gnaden mir nun in das 8te
Jahr
das Academische Stipendium jährig zu 30. Fl. noch immer beständig
rei=
chen liesen) ich auch gnädigst mit im Vorschlag und
auffs Tapet gekom=
men. Dannenhero Dom. 3. p. Trinit. ejusd. Anni zur Prob=Predigt
be=
schrieben/ und den 14. Julii an des sel. Herrn M.
Sommers statt zum an=
dern
Diacono vociret/ auch den 24.
Julii ordiniret wurde. Weiln aber
wegen kaum erlittener
Kranckheit ich noch ziemlich schwaches Leibes
war/ das hiesige andere
Diaconat aber starcke Kräffte erfordert/ um der
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beschwerlichen Wege willen nach den
Filial-Kirchen/ hatte GOtt das Hertz
meines gnädigen Grafen und Herrns
weiter gelencket/ mich bequemer und
erträglicher zu befördern. Denn als
abermahls bey hiesigen Ministerio A.
1686. eine
Mutation vorfiel/ und der damalige Archi-Diac. Herr Johann
Funcke nacher Allendorff zum Pastorat und Adjunctur beruffen wurde/
hiessen mich seine Hoch=Gräfl. Gn. allergnädigst in solch vacantes Archi=
Diaconat rücken; zu welchen denn Dom. 4. p. Trin. Meine Prob= Dom. 7.
p. Trin. Aber meine Antritts=Predigt
thäte/ nachdeme den 29. Junii
ejusd.
An. Von E. E. Wohlweisen Rath allhier Vocationem
erhalten. In diesem
Archi-Diaconat habe durch GOttes Gnade/ und nach dem
Vermögen so
GOtt dargereichet/ 10. Jahr mein Amt verrichtet/ und zwar nicht
ohne
Creutz/ denn als A. 1693. das Fleck=Fieber in Cumbach graßirerte/ und
20.
meiner Zuhörer sturben/ ich auch 5. Wochen hart darnieder gelegen.
Als An. 1696. wie bekandt nach des hochsel. und
allbereit offt mit Ehren er=
wehnten Herrn D.
Justi
Söffings/ höchstverdient. General-Super. und
ge=
wesenen Pastoris Tod/ die Super. Von dem Pastorat bey
hiesiger Stadt se-
pariret wurde/ und seine Hoch=Gräfl. Gn. Mein
gnädigster Graf und Herr
annoch unverrückt gnädigst geruheten/ Ihre
unverdiente Gnade gegen
mich Unwerthen zu haben/ wurde auf hohen gnädigsten
Befehl gleich auf
Creutz=Erhöhung den 14. Sep. von dem hochlöbl. Consistorio mir das
hiesi=
ge Pastorat angetragen; und weilen ich aus allen
Umständen Divinam
Vocationem merckte/ obschon meine Schultern einem solchem
Amte vor=
zustehen ich zu schwach erachtete/ nahm es im Nahmen
GOttes auch an/
thät auf Befehl D.
16. p. Tr. meine Prob=Predigt/ erhielt den 27. Sep. von
dem wohllöblichen Stadt=Rath und
sämtlicher Bürgerschafft meine Vo-
cation, wurde ipso Festo Michaelis, Domino
Superintendenti & mihi
nominali, von ihm investiret/ und trat D. 18. p. Trin. ejusd. Anni
1696.
mit GOtt mein Pastorat an. Stehe auch biß dato (und so lange
GOtt
will) auf meiner Hut. Es schreibet St. Paulus und befiehlet einem
Diener der Kirchen Christi: Er sollte (da es ihm gefällig) seyn eines Wei=
bes Mann. Nachdeme mich nun GOtt zu dergleichen/ wie oben
erweh=
net/ zum andernmahl/ nemlich vom andern Diaconat zum
Archi-Diaco-
nat beruffen lassen/ und ichs vor rathsam
befand/ in Ehestand mich zu be=
geben/ verlobte mich nach Gottes
weiser Direction An. 1687. ipso die
Concordiae mit der
damahligen Jungfer Sophia
Ludoämilia
Straubel=
lin/
weyland Herrn Antonii
Straubels/ gewesenen Archi-Diaconi in
Franckenhausen eheleiblichen ältesten
Tochter/ und wurde den 12. Sept.
ejusd. Anni mit ihr in Franckenhausen getrauet. In welchem unserm Ehe=
Stande wir zusammen 2. Kinder/ nemlich einen Sohn Albert
Christia=
nen/ und eine
Tochter Christianen
Elisabeth erzielet/ welche noch leben/
als
lange GOtt will. Ach GOtt lasse sie nur zu deiner Ehre und ihrer
Seelig=
keit wohl gerathen! Wiewohl nach dieser andern
Gebuhrt mein liebes Ehe=
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Weib bald hefftig erkrancket/ und in
ihren 6. Wochen die Blattern be=
kommen/
wodurch sie auch den 20. Junii Raheli
memoriali An. 1690. se=
lig von mir geschieden
worden/ nachdem wir zusammen im Ehestande ge=
lebet 3. Jahr 2.
Monate und etliche Tage. Nachdem aber mein nunmeh=
riger
Wittwer=Stand viele Amts=Hindernisse mir in Weg legete/ wur=
de
mit GOtt wiederum räthig ad vota secunda zu schreiten/ und ver=
lobte mich nach abermahliger sonderbarer Göttlicher Direction, mit der
damaligen Jungfer Maria
Susanna
Heylandin/ Herrn Nicolai
Heylan=
des/ Hoch=Fürstl.
Rent=Cammer=Schreibers allhier eheleiblichen älte=
sten Tochter/
(itzo schmertzlich betrübten Frau Wittwen.) Die Verspre=
chung
geschahe den 3. Feb. A. 1692. und
wurde unser öffentlicher Kirch=Gang
angestellt den 12. April selbigen Jahres. In diesem Ehestande
haben wir mit
GOtt 6. Kinder erzielet/ nemlich 2. Söhne/ LudwigFriedrichen und
Ludwig
Friedrich
Christophen/ davon der erste den 15. Novem. 1695. wie=
derum selig verstorben/ und 4. Töchter/ nemlich Sophien
Marien/ Mar=
garetham
Christinam/ Annen
Sophien/ und Eleonoren
Christinen/
welche noch alle viere am
Leben/ als lange es GOtt gefällig; GOtt ver=
leihe auch zu
dieser Aufferziehung Christliches Gedeyen um Christi wil=
len!
Als A.
1699. abermahl das hitzige Fleck=Fieber hier grassirete/ und ich
zu vielen Krancken gehen muste/ bekam es auch in der Fasten=Zeit/ und
brachte biß in die dritte Woche damit zu. GOtt aber sey Danck für verlie=
hene Reconvalescence. An. 1703. wurde mir die
Superintendur und das
Pfarr=Amt in Franckenhausen gnädigst gegen die Advents=Zeit angetra=
gen. Worfür ich zwar in meinem Hertzen GOtte und meiner
Gnädigsten
Herrschafft nochmals innigst dancke; inzwischen aber habe ich
auch aus er=
heblichen und trifftigen Ursachen gebeten/ man
wolle mich lieber in Rudol=
stadt lassen an meinen itzigen Pfarr=Amte/
welches auch gnädigst placitirt
worden. Wie denn auch meine Gnädigste
Herrschafft wie in viele andere
Wege nach dieser Zeit mich begnadet: Also
insonderheit An. 1707. als
Ihro Hoch=Gräfl. Gn. Durch S. T. Seine
Hoch=Wohlgebohrne Excellen-
ce Herr Georg
Ulrich
von
Beulwitz/ uf Lehmen/ Eichicht etc.
Hoch=Fürstl.
Schwartzb. Hochbetrauten Cantzler und Consistorial-Praesidem
mir
gnädigst das Assessorat beym Hoch=Fürstlichen Consistorio liessen
an=
tragen/ und den 28. Novembr. ejusd. Mich darzu solenne introduciren.
GOtt sey
auch Danck für mein Christenthum/ welches mein Diarium
ausweisen wird/ so
hierüber gehalten/ und wünschen möchte/ es hielte ein
ieder Christ
dergleichen/ und könten dieselbige darnach alle publiciret
werden/ so würde
manche schöne Erbauung zu Förderung des Christen=
thums aus
denenselben zu nehmen seyn. Solches aber mein Diarium
bestunde in diesen
dreyen Titeln: παθήματα, μαθήματα, und ἀσκήματα.
Unter den ersten referire ich alles geist= und
leiblich zustossende Leiden;
unter den andern alles/ was mich zum
Unterricht/ Besserung und Troste
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gelehret; unter den dritten/ wie
weit ichs in der Besserung derer Christ=
lichen Tugenden durch GOttes Gnade bringen können. Eben ein sol=
ches Büchlein hielte auch in meinem Pfarr=Amte: Indem es da immer (1)
zu
leiden; (2) zu lernen/ und (3) zu bessern gegeben. Was das Leiden be=
trifft/ so wird nicht leicht eine Classe gefunden werden in der
Creutz=Schu=
le/ welche ich nicht durchsitzen/ und mich nach
GOttes heil. Rath und Wil=
len immer von einer in die andere
translociren lassen müssen. Bald in mei=
ner zarten Kindheit
haben mich viele Kranckheiten angewandelt/ beson=
ders die
Masern/ welche mich so weit entkräfftet/ daß mir alle consulirte
Medici das
Leben aberkannt/ auch man bereits vor meinen Lager kniend
und betend meine
sel. ἀνάλυσιν und Aufflösung erwartet. Ob nun gleich
GOtt (wofür Ihm ewig
gedancket sey!) meine Seele im Leben behal=
ten/ so haben
dennoch dieselben Masern sehr bedenckliche Reliquien hin=
ter
sich gelassen/ daß ich davon einen hefftigen Husten und Heisserkeit vie=
le Jahr bekommen/ biß es endlich s. v. in Scabiem ausschlug/
mit welcher
ich mich achthalb Jahre getragen. Mithin aber fast alle Wochen
das
Rothlauff durch starcke Schauer und Hitze bekam/ biß sichs an einen
ge=
wissen Ort/ mehrentheils aber an die Schenckel setzte.
Als die Conta-
gion in Leipzig war/ und ich Suasu Medicorum meist hitzige
Dinge zur
Präservation gebrauchte/ wurde mein Geblüthe vollends erhitzet
und
gantz inflammiret. Es kam dazu/ daß als ich der Contagion zu entge=
hen zu meiner seligen Mutter reisete/ aber bey ihr nicht
bleiben durffte/
sondern bey meiner sel. Groß=Mutter Pachtmännin in
Hammersfeld/
in
welchem Dorffe kein Tropffen Bier zu bekommen war/ guarantie halten
muste/ und fast nichts als Covent und Wasser zu trincken/ und bald war=
me/ bald kalte Milch zu essen bekam/ daß ich dadurch den Magen
gäntz=
lich erkältet/ und daher zur Hectica Scorbutica einen
ziemlichen Ansatz
bekam/ womit mich schon in Jena geschleppet/ und biß an mein Ende
schlep=
pen werde. Jedoch durch gute Artzneyen und ein
behutsames Diaet, zu=
förderst durch Göttliche Gnade habe ich
mich eine geraume Zeit damit ge=
tragen und mein Leben
gefristet/ ohne daß mir viele offt verspielt gegeben/
wenn zumahl auch in
meinem Amte durch Besuchung meiner lieben kranck=
gewesenen
Beicht=Kinder ich zweymal das Fleck=Fieber davon getragen/
und (wie schon
erwehnet worden) zum erstenmal 5. zum andernmal 3.
Wochen daran hart
darnieder gelegen. Uber dieses habe sehr öfftere An=
fälle vom
denen schmertzlichsten Beschwerungen/ die ein Mensch an sei=
nem
Leibe tragen kan/ nemlich Podagra und Stein/ und (welches das
ärgste) offt
von beyden zugleich erlitten. GOtt hat mich auch lassen das
bittere
Armuths= und Wäysen=Creutz schmecken: Indem Er meinen
seligen Vater gar
zeitig mir entfallen lassen/ und da unser Geschwister 5.
waren/ konte mir
die Mutter nicht mit einem Groschen zu Förderung
meiner Studien beystehen.
Ich habe das Ehe= und Kinder=Creutz erfah=
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ren. Indem mein erstes Eheweib mir/
nachdeme sie drey Wochen zuvor
[Christiane]
Elisabeth/ meine älteste Tochter gebohren/
in ihren 6. Wochen
starb/ und mir zwey unmündige Kinder hinterließ. Was
nachmahls
für diese und alle übrige der andern Ehe zu sorgen gehabt/ ist
GOTT
am besten bekandt. Sollte ich meine geistliche Anfechtungen
erzehlen/
bey welchen ich auf vielfältiges Zusetzen des Satans für Angst
fast nicht
gewust/ wo ich bleiben möchte/ indem dieser Schaden=Froh mir
immer
einhauchete/ als ich noch hier frequentirte/ ich sollte mich
entleiben; so wür=
de sich manches wundern müssen/ was ich dabei
viele Jahre ausgestanden.
Aber ich will nur die Güte GOttes preisen/ welche
mein ängstlich beten
und Händeringen bey vielen Schlafflosen Nächten
erhöret/ und mich al=
len Strauß ritterlich ausstehen lassen/
mich auch dadurch im Glauben/
Hoffnung/ Gedult und Gelassenheit geübt/
mithin zu meinen Evangeli=
schen Trost=Amte geschickter gemacht/
andern/ die in dergleichen Trüb=
salen find/ zu statten zu
kommen/ und immer in Gottesfurcht und De=
muth einherzugehen/
vor den allsehenden Augen GOttes. Dann ich
wohl mit Furcht und Zittern
meinen Wandel führe. Ich fürchte/ zittere
und bebe darob/ daß ich sorge/
ich begienge die größten und meisten Sün=
den/ und wären andere
weit frömmer als ich. Das wird mein GOTT
wissen/ wie flehentlich ich mich
mit Ihm alle Morgen/ zuförderst bey mei=
nen 2. stündigen
Gebete/ auch bey so mancher Schlafflosen Nacht/ und
sonst hierüber
bespreche. Deßgleichen wie angelegen mir meine aller=
liebsten
Zuhörer iederzeit gewesen/ und noch sind/ so gar/ daß ich auch de=
rer vorigen/ welche ich/ als ich auf den Filial=Kirchen predigen muste/
hatte/ noch immer nicht vergesse/ sondern bitte/ GOtt wolle sie alle nur
wie mich selig machen. Und daß ich niemanden den geringsten Anstoß
möchte
geben/ lasse ich offt manches fahren/ welches Menschen Gedan=
cken nach mir und den Meinigen nützlicher wäre/ um dessentwillen iedoch
GOtt weder mich noch die Meinigen ie darben lassen. Zu Ihn habe ich
auch
das hertzliche Vertrauen/ Er werde es an ihnen nach meinen Tode
gleicher
massen als ein reicher Vergelter und grosser Lohn derer/ die Ihn
fürchten/
thun. Er erhalte nur ihre Hertzen bey den Einigen/ daß sie sei=
nen Rahmen fürchten.
Wie ich mich in meinem Amte verhalten/ mögen GOtt und Christl.
Hertzen
zeugen/ deßgleichen was ich vor ein Ende erreichet. GOTT
verleihe solches
nur nach seiner Gnade sanfft und selig! Amen durch JE=
sum
Christum/ Amen!
So weit gehet der eigenhändige Auffsatz des seligen Herrn Pastoris,
den man
mit Fleiß gelassen/ wie man ihn gefunden/ um daraus seine ei=
gene gute Gedancken/ die Er dabey geführet/ desto mehr wahrzunehmen.
Wie
nun mir/ der ich den seligen Mann nahe bey 40. Jahren gekandt/
und mit Ihm
auf der Schule/ Universität und im Amte umzugehen Gele=
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genheit gehabt/ also ist mir auch so
wohl was Er von seines Leibes Zu=
stand/
als auch von seinem rühmlichen Fleiß/ andächtigen Gebet und exem-
plarischen Christen=Wandel geschrieben/ sattsam bewust/ könte auch
wohl/
wenn es nöthig wäre/ ein weit mehrers davon anführen und bezeu=
gen. Sonderlich von seiner auffrichtigen Liebe/ Dienst= und Friedfer=
tigkeit/ welche wir seine Collegen insonderheit zu rühmen
haben. Was
Er vor Arbeit in seinem mühsamen Amte bey schwachen und
kräncklichen
Leibe gethan/ das ist nicht nur der gantzen Stadt/ sondern
auch dem
gantzen Lande bekandt. Er ist eine rechte Zierde unsers
Ministerii, und
der gesamten Confraternität gewesen/ der mit seinen von
GOtt reich=
lich mitgetheilten guten Gaben sich konte sehen und
hören lassen/ man
mochte Ihn gebrauchen/ worzu man wollte. In seinen Sonn=
und Fest=
tags=Predigten hat Er unterschiedliche Jahr=Gänge Zeit
währenden Pre=
digt=Amtes abgehandelt/ in denen Exordiis aber
das gantze Neue Testa=
ment biß auf die Offenbahrung Johannis
durchgebracht/ und in den
Wochen=Predigten nach vielen anderen Texten/ die
kleinen Propheten biß
auf den Zachariam erkläret. Mit was Krafft und
Nachdruck seine Pre=
digten gehalten worden/ werden noch alle/
die Ihn gehöret/ Zeugniß ge=
ben/ so hat sichs auch mehr als zu
sehr an den Tag geleget/ wenn so vie=
le von irriger Lehre/
nemlich 7. von der Catholischen/ und 2. von der Re=
formirten
Kirchen/ durch seinen gründlichen Unterricht auf den rechten
Weg gebracht/
und zu unserer Kirchen bekehret/ viele Laster und Miß=
bräuche
abgestellet/ und hinwiederum auch viele Angefochtene und Be=
trübte in ihren Hertzen kräfftig durch seinen Munde getröstet und erquicket
worden.
Einen so theuern nützlichen Mann länger bey sich zu haben und ge=
brauchen zu können/ war so wohl dieser gantzen Stadt/ als auch insonder=
heit der Hoch=Fürstl. Gnädigsten Herrschafft und Dero
Hochansehnlicher
Collegiorum hertzlicher Wunsch und Verlangen/ und man
hatte sich auch
gute Hoffnung gemacht/ nachdem GOtt bey so schwachen
Kräfften Ihn
gleichwohl biß hierher erhalten/ daß Er solches auch noch
ferner thun wür=
de. Aber es hat/ wie nunmehr der Ausgang
bewiesen/ dem lieben GOtt
diesesmahl anders gefallen/ denn es hat der sel.
Herr Pfarrer (wie theils
schon erwehnt/ theils sonst bekannt) bey seinem
heiligen Amte allhier we=
nig gesunde Stunden gehabt/ sondern
von beschwerlichen Husten/ Flüs=
sen/ Stein und andern
scorbutischen/ auch arthritischen Zufällen sehr
viel ausstehen müssen/
worzu bey einem Jahre her noch besondere Beäng=
stigung der
Brust/ Schwindel/ öfftere Ohnmachten/ auch auf der Can=
tzel/
und viele andere bedenckliche Zufälle kommen/ bey welchen doch der sel.
Herr Pfarrer in seinem heiligen Amte gar wenig ausgesetzet/ sondern dem=
selben allezeit/ obwohl öffters bey grosser Schwachheit/
obgelegen; biß
vor nunmehro 12. Tagen/ den 4.
Decem. Freytags in der Nacht denselben
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eine unvermuthete grosse Schwachheit
mit hefftigen Stein=Schmertzen/
Erbrechen/ ungemeiner Hitze/ Durst und
Mattigkeit überfallen/ worzu
Sonnabends ein ziemlicher Auswurff corrupten
Geblüts und purulen-
ter Materie/ als von einem geöffneten
Apostem, Sonntags Stechen in
der lincken
Brust/ Dienstags bey immer anhaltender Hitze der
Ausbruch
eines Friesels erfolget. Ob nun wohl bald anfangs von hiesigem
Herrn
Bürgermeister und Stadt=Physico, Herrn Lic.
Heunischen/ und nachge=
hends
zugleich von dem Hoch=Fürstl. Hof= und Leib=Medico, S. T. Herrn D.
Cellario alles sorgfältig beobachtet und
angewendet worden/ was zu Lin=
derung der Schmertzen/ Mäßigung
der Hitze/ Förderung des Auswurffs/
Verwahrung des Hertzens/ und Abtreibung
der Malignität nöthig und
diensam seyn können; wie denn bey leicht und
häuffig ausbrechenden Frie=
sel einige Hoffnung zu verlangter
Restitution hervorzublicken schiene; So
war dennoch die gantz entkräfftete
Natur nicht im Stande der Maligni=
tät zu gnugsam widerstehen.
Wie denn Don[n]erstags Abends nach 10. Uhren
die Beängstigung des
Hertzens bey anhaltender grossen Hitze mit solcher
Hefftigkeit wieder
ansetzte/ daß der selige Herr Pfarrer auf seiner [Stätte] zu
bleiben wuste/ und biß gegen Morgen in grosser Unruhe und
äusserster
Schwachheit zubrachte/ biß gegen 6. Uhren früh sichs zum seligen
Abschiede
anschickete etc. Dieses Ausgangs hatte sich der sel. Man[n] gleich anfangs ver=
muthet/ daher Er sich also bald/
nach seiner Christl. Gewohnheit/ darüber
mit Gebet zu GOtt gewendet/ sein
Haus bestellet/ und wie es nach seinem
Tode mit denen Seinigen sollte
gehalten werden/ eröffnet. Dienstags ließ
Er
seinen Herrn Beicht=Vater und Collegen/ Hrn. M.
Andreas
Gölitzen/
wohlverdienten Archi-Diac.
allhier zu sich erbitten/ legte vor demselben
nochmals (wie Er vorher in
seinem Leben offtmals gethan) seine Beichte
in hertzlicher Demuth und
Bußfertigkeit ab/ empfieng darauf in heil. An=
dacht das H.
Abendmahl/ betete und danckte seinem GOtt von Hertzen/
darzu ich selbst
gegen den Abend Ihm mit Vorlesung einiger Gesänge/
Psalmen/ und andern
dienlichen Zuspruch an die Hand gieng. Freytags
früh ward obgedachter sein Herr Beicht=Vater wieder zu Ihm
geholet/
welcher Ihn denn in sehr grosser Mattigkeit/ und allbereit mit dem
Tode
ringend antraff. Es knieten demnach die Seinen vor dem Bette
nieder/
und rieffen GOtt um seinet willen hertzlich an/ Er selbst sprach
auch unter=
schiedliche Gebet u. Seuffzer an[n]och nach/ biß endlich die Sin[n]en sich verloh=
ren/ und Er bey einer halben Stunden
ohne Zucken und Rucken gelegen/
gegen halb 8. Uhr aber seinen Geist sanfft
und selig auffgab/ nachdem Er
sein Alter auf dieser Jammer=Welt ausgebracht
auf 54. Jahr 7. Monate
und 3. Tage. GOtt habe Danck vor alle seine Güte/
die Er an diesem
seinem Diener im Leben und Sterben/ und auch durch Ihn an
dieser und
Unterschiedlichen Gemeinen erwiesen! Er ergetze nun die
abgeschiedene
Seele in dem Reich der Freuden durch seine Hand/ und bewahre
hier in
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der Ruhe=Kammer auch die
beygesetzten Gebeine/ biß sie in der Auffer=
stehung wieder mit der Seele zum ewigen Leben werden vereiniget
wer=
den. Er sey und bleibe aber inzwischen der
Hinterbliebenen Frau Witt=
wen/ Kinder und sämtlicher
Angehörigen/ kräfftiger Trost/ Schutz und
Retter/ gebe Ihnen seinen guten
Willen zu erkennen/ und erzeige Ihnen
auch künfftig hin sein Heyl. Diese
Christliche Gemeine erhalte Er/ der
HErr/ bey dem Einigen/ daß sie seinen
Nahmen fürchten/ versorge sie
bald wieder mit einem treuen Wächter und
Hirten. Er behüte die Hoch=
Fürstl. Herrschafft/ die
Hochlöbliche Regierung/ Amt/ Rath/ und gantzes
Land/ Kirchen und Schulen
für allen Ubel/ Er behüte unsere Seelen/ Er
behüte unsern Ausgang und
Eingang von nun an biß in Ewigkeit/ Amen!