Johann Dammenhan (1610–1684): Lebenslauf
Bibliographischer Nachweis:
Büttner, Andreas: Geistliches Amulet, Befindlichen in den Worten des HErrn Messiae Psal. XXXI, 16. ..., Jena o.J., S. 59–74.
VD17 1:025902Z
Daniel Boy (Texterfassung), Johanna Pöppelwiehe (Texterschließung), Mitja Rudolph (Texterfassung), Jörg Witzel (Leitung, Korrektur und TEI-Codierung)
© Forschungsstelle für Personalschriften, Marburg, 2013
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Titelblatt

Geistliches Amulet,
Befindlichen in den Worten des HErrn
Messiae Psal. XXXI, 16.
Herr/ meine Zeit stehet in deinen Händen;
Welches
im Leben und Tod vor höchst=bewährt und heilsam
wahrgenommen
Der weyland
Wohl=Edle/ Groß=Achtbare/ Hochgelahrte und
Hocherfahrne
Herr Johann
Dammenhan/
Der Artzneyen fürnehmer Doctor, und
Hoch=Gräflicher Reuß=Plauischer wohlbestalter
Leib=
und Hof= wie auch Stadt=Medicus, ingleichen bey dem
Hoch=Gräflichen Reuß=Plauischen Gymnasio Physices
Prof. Publ. allhier in Gera/ so im 73sten Jahr seines
Alters dieses
Zeitliche seelig beschlossen/
Am Tage seiner Christ=ansehnlichen Beerdigung/ als den 20.
April. 1684.
war der Sonntag Iubilate, in der Stadt= und Haupt=Kirchen
hierselbst/
nach seinen Ingredientien gezeiget/ und nunmehro auf Begehren
zum
Druck ausgehändiget
von
M.Andrea
Büttnern/ Archidiacono
der
Christlichen Gemeinde in Gera.
Jena/ gedruckt bey Johann
Jacob
Bauhofern.
Seite 59

PERSONALIA
Nach dem nun/ Christlichem Brauch nach/ auf unsers
seeligen Herrn Doctors
wohlbekand=rühmlich ge=
führt= und hochgebrachten Lebens=Lauff zu
schrei=
ben; so könte Ihme zu wohlverdienten Ehren der=
selbe weitläufftig vorgestellet werden. Weil aber der seelige
Herr Doctor des theuren
Manns Mosis Gebeht: Herr/
lehre uns bedenken/ daß wir sterben müssen/
auf daß
wir klug werden/ wohl oft gebehtet haben
mag/ und von GOTT dieser seeligen Klugheit
gewehret
worden; So hat Er solchen seinen Lebens=Lauff schon vor=
längst selber kürtzlich entworffen/ nach Gelegenheit der Zeit
auch etwas verändert.
Dannenhero Euer Christlichen Lie=
be nicht entgegen seyn wird/ daß man
solchen seinen eigen=
händigen Aufsatz vorstellet/ und beym Ende das
jenige/ was
etwa der Seelige nicht berühret/ noch berühren können/ in
Kürtze mit
anfüget. So schreibt der seelig=verstorbene Herr
Doctor demnach von sich also:
So offt ich des hocherleuchteten Apostels Pauli Wort:
Sterben ist mein Gewinn/
betrachte (welches
denn zum öfftern geschiehet) geben sie mir einen kräfftigen
Trost wider alles Grauen und Schrecken des Todes. Denn
dieselbe einer aus den alten
Kirchen=Lehrern also auslegt:
Lucrum est, evasisse incrementa peccati; lucrum est,
fugis-
se deteriora: lucrum est, ad meliora transire. Dieser drey=
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facher Gewinst erscheinet an dem Tode; Denn Gott der
Allmächtige hat mit
nichten den Tod geschaffen/ oder in die
Welt eingeführet: sondern/ nach dem der erste
Mensch/ durch
die Schlange verführet/ in Sünde gefallen/ hat er den ge=
rechten Ausspruch anhören müssen: Du bist Erde/ und
solst zur Erden wieder werden.
Ist also der Tod
gleichsam das Ziel und Ende der Sünde/ damit nicht/ ie län=
ger das Leben wäret/ die Schuld an dem Menschen desto
grösser würde/
dahero etliche nicht übel gesaget/ der Tod
sey nichts anders/ denn aller Sünde/ Ubel
und Missethat
Begräbnüß/ und nicht allein der Sünde/ sondern alles U=
bels/ Betrübnüß/ Beküm[m]ernüß/ Arbeit/ Schmertzen/ sey der
Tod ein gewünschtes und glückliches Ende/
denn nach dem
alles Ubel und Ungemach durch den Tod vertrieben/ befin=
det sich alles in einem bessern und seeligern Zustand/ dero=
wegen der
Tod/ welcher ist eine Auflösung der Seelen vom
Leibe/ recht Christ=Gläubigen nicht
schädlich oder böse seyn
kan/ weil er den Menschen aus allem Unglück und Ubel
heraus reisset; Viel weniger ist er zu fürchten/ weil er zu ei=
nem viel
seeligern Zustande/ von dem Irrdischen und Zer=
gänglichen zur ewigen
Wohnung in Himmel befördert.
Wie nun ie und allezeit ein iedweder dieses Irrdischen
Nicht= und Flüchtigkeit/
hergegen des Ewigen Beständ=
und Unsterblichkeit betrachten soll/ also
ist es hochnöthig/
anitzo bey dieser Grund=Suppe der Welt/ und zumahl/
wenn GOTT
einem eine Kranckheit/ als einen Vorbo=
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ten des Todes/ zuschicket/ derowegen auch Ich
mich sonder=
lich meiner Sterblichkeit erinnert/ da mir GOTT der All=
mächtige den 12. Ianuarii/
1656. eine geschwinde und ge=
fährliche Kranckheit zugeschicket/
dieselbe aber wiederüm vä=
terlich von mir genommen/ dem sey ewig Lob und
Danck
gesaget/ der schicke es ins künfftige auch mit mir nach sei=
nem väterlichen Wohlgefallen/ und beschere mir/ wenn Zeit
und Stunde verhanden/ ein
seeliges Stündlein/ und nehme
mich zu sich in sein himmlisches Paradeiß/ durch
Jesum
Christum unsern HErrn / Amen.
Damit (aber) man wissen möge/ wenn GOTT der
Allmächtige über mich gebieten solte/ wo
Ich gebohren/ wo
Ich erzogen/ und sonsten mich aufgehalten/ als habe Ich
zur
Nachricht mein Curriculum vitae hiermit aufsetzen wol=
len. Bin derowegen
von ehrlichen Eltern und aus einem
keuschen Ehe=Bette erzeuget/ und den 29. Septembris/ als
am Michaelis=Abend/ Anno
1610. zu Altenburg in
Meis=
sen gebohren. Mein Vater ist gewesen der weyland Ehren=
veste und Vorachtbare/ Herr Johann Dammen=
han/ Fürstlich=Sächsischer in die 42. Jahr wohlverdien=
ter Küchenmeister daselbsten. Die Mutter/ Frau Anna/
eine gebohrne Clauderin. Diese meine lieben Eltern ha=
ben mich alsobalden des andern Tages/ nach meiner leibli=
chen Geburt/ zur geistlichen Wieder=Geburt der heiligen
Tauffe befördert/ hierdurch
in die Zahl der Christ=Gläubi=
gen aufnehmen/ und dem Vater gleich/
Johannem nen=
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nen lassen/ mich auch von Kindheit auf zur
Furcht des
HErrn/ Christlichen Sitten/ und wahrer Gottseeligkeit an=
geführet/ auch als Ich etwas erwachsen/ nebenst meinen
andern Brüdern in die
Stadt=Schule zu Altenburg ge=
schicket/ und darnebenst zu Hause durch unterschiedliche fei=
ne gelehrte Leute besonders informiren lassen/ und weil Ich
zu Zeiten nach Hoffe
kommen/ und mir das freye Leben be=
lieben lassen/ hergegen in die Schule
zu gehen beschwerlich
vorkommen wollen/ dahero Ich in meinen studiis mich ümb
ein merckliches versäumet/ als haben meine hertzliebe Eltern
und Freunde solches bey
Zeiten vermercket/ und auf andere
Orte/ dahin Sie mich schicken möchten/ gedacht/ und
weil
dazumahl gleich Herr Johann Günther
Förster/
Chur= und Fürstlich=Sächsischer Rentmeister/ nach
Schleußingen verreiset/ hat Er
mich/ als seinen Tauffpathen/
mit dahin genommen/ an seinem Tisch behalten/ und in
das
weitberühmte Gymnasium selbiges Orts Anno 1628. ge=
than/ darinnen Ich drey Jahr verblieben/
und was etwa
zu Hause versäumet/ herein gebracht. Nach Verfliessung
gedachter
Zeit habe Ich mich/ auf Einwilligung meiner lie=
ben Eltern/ und
Gutachtung meiner Herren Praeceptorn
nach dem Ich zuvor eine Orationem valedictoriam
de re-
surrectionis nostrae certitudine, in gedachtem Gymnasio ab=
geleget/ nach Wittenberg
Anno 1631. begeben/ dahin Ich
den 25. Iunii glücklich angelanget/ und das studium Philo-
sophicum, so Ich zu Schleußingen angefangen/ continui-
ret, auch zugleich das
studium Medicum, nach Rath und
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Willen meiner lieben Eltern/ worzu mir der
weitberühmte
Medicus, Herr D. Daniel Sennertus,
gute An=
weisung gethan/ angefangen. Wie es aber gemeiniglich zu
geschehen pfleget/ daß sich der Mensch etwas gewisses für=
setzet/
dasselbe aber/ wegen einkommender Ungelegenheit/
nicht fortsetzen kan; Also ist mir
dieses mahl auch geschehen/
denn nach dem Ich vermeinet etliche Jahr lang zu
Witten=
berg zu
verbleiben/ und das studium Medicum zu conti-
nuiren, so hat es doch GOTT
anders geschicket/ in dem
die Pest damahls zu Wittenberg ziemlich überhand ge=
nommen/ auch
in das Logiament/ da Ich meine Stube ge=
habt/ kommen/ zu geschweigen des
grossen Kriegs=Schwals/
so dazumahl so wohl vor/ als nach der Leipziger Schlacht
gewesen/ habe Ich mich nach Hause begeben müssen/ allda
Ich aber nicht lange
verblieben/ sondern mich bald nach Je=
na gewendet/ allda das angefangene studium Medicum
continuiret, und mich sonderlich bey dem vornehmen und
weitberühmten Medico Herrn
D. WERNERO ROLFINC-
CIO P.P.
insinuiret, welcher mich auch gerne und willig
angenommen/ weil Ich sonderlichen von
der Fürstl. Sächs.
Regirung zu Altenburg an
Ihn recommendiret worden/
und nichts/ was zu meinem studio nöthig zu seyn
erachtet/
einzurathen unterlassen/ die Lectiones publicas und Colle-
gia privata habe Ich fleißig besuchet/ und respondendo &
opponendo publicè &
privatim mich hören lassen/ wie Ich
denn eine Disputationem publicam, de Cholerâ
& imbe-
cillitate ventriculi, sub praesidio Herrn D. Rolfincks ge=
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halten/ den 10. Septembr. Anno 1636. auch in dem Colle-
gio
Consultatorio, so gedachter Herr D. Rolfinck
eröffnet/
mich eingefunden. Und weil Ich vor rathsam erachtet/ so Ich
nebenst
dem studio Medico auch die labores Chymicos vor
die Hand nehme/ habe derowegen
etliche Collegia Chymica
bey dem damahls berühmten Chymico Herrn Valerio
Theodoro Clementis gehalten/ darauf Ich eine
Disputatio-
nem, de Iove, Saturno & Mercurio, sub praesidio Dn.
D.
Rolfinccii, den 16. Martii Anno 1638. abgeleget.
Was in Botanicis, Anatomicis & Chirurgicis, welche
dazumahl allda sehr floriret,
zu sehen gewesen/ habe Ich
nichts verabsäumet. Nach diesem habe Ich mich in die
Frembde begeben/ und sonderlich in Italiam
reisen wollen/
weil mein lieber Vater mich allda in die drey Jahr zu hal=
ten mir versprochen/ es hat aber solches mein Vornehmen
widerrathen
der berühmte Medicus, Herr D. Donat von
Freywald auf Kehna/ Dammenhan und Heinersdorff/ etc.
Röm. Käyserl. Majestät Hof=Graff und Rath/ etc. und
viel
bequemer/ mir auch zuträglicher zu seyn erachtet/ so Ich
mich zu einem
alten wohlgeübten Practico begebe/ und was
etwa in Praxi dienlich observirte, solchem
wohlgemeinten
Rath zu folgen/ habe Ich mich Anno 1638. nach Schleitz
zu dem Edlen/ Groß=Achtbarn und
Hochgelahrten Herrn
D. Joachim Kolben/ Reuß=Plauischen Hof= und
Stadt=Medico daselbst/ begeben/ und bin bey demselben im
Hause und an seinem Tische
in die drittehalb Jahr gewe=
sen/ und dadurch im Voigtlande wohl bekand worden.
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Dieweil denn auf Begehren meiner lieben Eltern/ Ein=
rathen meiner
Freunde/ und Anhalten meiner Herren Prae-
ceptoren zu Jena/ Ich den Gradum Doctoris anzunehmen
veranlasset worden/ habe Ich mich den 4. Martii
Anno
1640. nach Jena
begeben/ bey der Löblichen Medicinischen
Facultät angemeldet/ und die Honores
Doctorales debito
modo petiret, bin auch ad examina consueta admittiret
worden/
habe meine Disputationem Inauguralem de Asci-
te den 25. Martii gehalten/ worauf mir Licentia
ubique
docendi & practicandi in Medicina, laut meines Testimo-
nii, ertheilet worden/ und weil bald darnach ein Actus Do-
ctoralis
vorgangen/ seynd mir den 4. Maii Anno 1640.
die
Honores Doctorales publicè, nebenst vier Candidaten Me-
dicinae,
unter denen Ich medium locum gehabt/ conferiret
worden/ gleich da die Schwedischen
Völcker vor Saalfeld
lagen/ und deswegen
derer Orten sehr unsicher war. Nach
erlangtem Gradu habe Ich mich wieder nach
Schleitz ins
Voigtland gewendet/ und meine
Praxin continuiret, bin
auch so weit in Beruff kommen/ daß mich der Durchläuch=
stige Hochgebohrne Fürst und Herr/ Herr Erdmann
Augustus/ Marggraf zu Brandenburg/ etc. mein gnädig=
ster Fürst und Herr/ zweymahl zu sich holen lassen/ dessen
Durchläuchtigkeit Ich auch durch GOttes Gnade iedes=
mahl feliciter
curiret, und in allen Gnaden bin dimittiret
worden/ worauf Anno 1648.
höchstgedachter Fürstlichen
Durchläuchtigkeit Herr Vater/ der Durchläuchtigste
Hoch=
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gebohrne Fürst und Herr/ Herr Christian/ Marggraf
zu Brandenburg/ etc. mich zu
seinem Hof= und Leib=Medico
gnädigst begehret/ worzu Ich aber gar keine
Beliebung/
wie sehr mir vornehme Leute gerathen/ gehabt/ und doch
nicht fuglich
abschlagen können/ habe derowegen einen Mo=
nat Bedenck=Zeit genommen/
unterdessen schicket es Gott/
daß der Hochgebohrne Herr/ Herr Heinrich der An=
dere Jüngere und der Zeit Elteste Reuß/
Herr von Plau=
en/ etc. mein gnädiger Herr/ und E. E.
Wohlweiser Rath zu
Gera/ mich zum Hof= und
Stadt=Medico dahin begeh=
ren/ welche Bestallung/ als von GOTT mir
zugeschicket/
Ich auch den 28. Junii Anno
1648. angenommen/ und die
Fürstl. Brandenburgische/ ob sie schon höher und
wichtiger
war/ fahren lassen/ habe auch dieselbe den 25. Julii/ als am
Tage Jacobi gedachtes Jahres/ würcklichen
angetretten/
und dieselbe durch Gottes Gnade biß dahero fleißig verse=
hen/ so Ich auch noch zu thun gedencke/ so lange es Gott
gefället/ und biß an mein
seeliges Ende. Darbey nun ist mir
auch die Lectio Physica in hiesigem Gymnasio
aufgetragen
worden/ welche Ich von Anfang meiner Bestallung fleißig
verrichtet.
Nach meiner Promotion habe Ich mich/ mit rathsamer
Einwilligung meiner lieben
Eltern/ mit der damahls Er=
barn und Ehren=Tugendsamen Jungfer Justinen/
des Ehrenvesten/ Vorachtbarn und Wohlweisen Herrn
Johann Zenckers/ des Raths und vornehmen Han=
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delsmanns zu Schleitz/ eheleiblichen und einzigen Tochter
anderer Ehe/ ehelichen
versprochen/ und ist unsere Hochzeit=
liche Festivität durch Priesterliche
Copulation den 7. Se=
ptembris Anno
1641. zu Schleitz
vollzogen worden.
In geführtem unsern Ehestande hat der grundgütige
GOTT uns in Gnaden mit fünff
lieben Kindern/ als ei=
nem Sohn/ und vier Töchtern gesegnet/ worunter nur
zwey
Töchter/ so lange GOTT wil/ im Leben/ die andern aber
mit Schmertzen voran
geschicket worden. Und hat hierüber
der Allerhöchste in unserm Ehestande einen harten
unverse=
henen Eingrieff gethan/ und meine geliebte Haus=Ehre den
28. Augusti Anno 1676. nicht von meiner
Seiten/ sondern
von meinem Hertzen gerissen/ wodurch Ich in den betrüb=
ten Wittber=Stand gesetzet worden/ in welchem Ich auch
biß an mein letztes Ende
einsam verblieben.
Mein Christenthum/ äusserlich Leben und Wandel be=
langend/ habe Ich/ wie
iederman bekant/ nicht allein den
HErrn meinen GOTT vor Augen gehabt/ dem
öffentli=
chen Gottes=Dienst fleißig beygewohnet/ das Wort Got=
tes mit Andacht angehöret/ und/ so viel durch Gottes Gna=
de und Göttliche Würckung geschehen mögen/ mein Leben
darnach angestellet und
geführet/ iedoch darbey mich/ gleich
andern/ vor einen armen sündhafftigen Menschen
erkennet/
und deswegen die heilsame Vergebung der Sünden/ und
den Gebrauch des
heiligen und hochwürdigen Nachtmahls/
zu rechter Zeit in hertzlicher Bußfertigkeit
gesuchet/ und die=
ser von GOTT geordneten Mittel der Seeligkeit iederzeit
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mit hertzlicher Andacht gebrauchet. Im übrigen bin Ich
gegen meine
gnädige Herrschafft devot und ehrerbietig / ge=
gen E. E. Wohlweisen Rath
dienstfertig/ gegen iederman
willig und freundlich/ in meinem Ampt unverdrossen
und
fleißig/ in meinem Haus=Stande stille und vorsichtig/ in
meinem gantzen
Thun/ Leben und Wandel ohne Argelist/ auf=
richtig/ redlich/ wahrhafftig/
sittsam und sorgfältig gewesen.
So weit unser seeliger Herr Doctor selbst eigenhän=
dig. Und ist/ was Er
von seinem Gottseeligen Leben zu letzt
gedencket/ kein eiteler Ruhm/ sondern in der
Wahrheit muß
Ihm dessen iederman Zeugnüß geben/ daß Er einen recht
Christlichen
und vor der Welt untadelichen Wandel geführet.
Sonsten darbey nur noch weniges vollends zu geden=
cken; so hat der
seelige Herr Doctor in seinem Ehestand
mit Nahmen erzeuget: Frau Susannam/ Herrn
Johann Wilhelm Fickers/ auf Leubnitz/ Hoch=Fürstl.
Sächs. gesa[m]ten wohlbestalten Floß=Verwalters zu Eisenach
und Cassirers zu Jena/ hertzgeliebte Haus=Ehre; Dann
Frau Annam Justinam/ Herrn Johann
Hein=
rich Wettichs/ wohlfürnehmen Apotheckers zu
Zeitz/ ge=
wesene/ allbereit
aber nun in dem HErrn seelig=ruhende
Ehe=Liebste; Ferner Frau Mariam/ Herrn M. Chri=
stian Köbers/ wohlbestalten Con–Rectoris zu Zeitz/
gleichfalls aber nun in Gottes Freuden=Reich
vorhergan=
gene Ehe=Frau; Ingleichen Jungfer Catharinam/
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welche ihren lieben Herrn Vater in seinem Alter und Wittber=
Stande nicht verlassen wollen/ sondern Ihm und seinem
Haus=Wesen biß an sein seeliges
Ende Stadt=kündiger
Massen treulich vorgestanden/ von welcher Christ=kindli=
chen Guthertzigkeit der Seelig=Verstorbene auch selbst
schrifftlichen
Ruhm und davor desto reichern Seegen Got=
tes ihr hinterlassen.
Durch seine verheyrathete Frauen Töchter nun hat der
Seelig=Verstorbene fünff liebe
Kindes=Kinder erlebet/ de=
ren aber nur das eine/ als von der seeligen
Frau Apothecke=
rin erzeugte Töchterlein/ Susanna Magdalena/ in
dieser Zeitlichkeit sich befindet/ auch nebst der
ältesten Frau
und jüngsten Jungfer Tochter und zweyen Eyd=Männern/
weil der Herr
Floß=Verwalter wegen Hoch=Fürst=
lich=Herrschaffts=Dienste abzukommen
nicht vermocht/
mit grosser Betrübnüß dem seeligen Herrn Vater das Ge=
leite zu
seinem Ruhe=Bettlein mit geben.
Der Sohn/ Herr Johannes/ hat/ nach dem Er
seine fundamenta Philosophica, so wohl auf hiesigem Gy-
mnasio, als auf
der Universität Jena/ geleget/ lieber im Krie=
ge sich etwas zu versuchen vermeinet/ auch unter einem Hoch=
Gräflich=Reußischen Regiment bey letzterm Französischen
Kriege die
Muster=Schreiber=Stelle erhalten/ ist aber/ ein=
geloffener Nachricht
nach/ an einem hitzigen Fieber zu Utrecht
kranck worden/ worauf man ferner gantz keine gewisse Nach=
richt noch zur
Zeit von ihm erlangen können.
Endlich seine zugestossene Kranckheit/ seeligen Abschied
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und Hinfahrt anreichende/ ausser dem/ daß das liebe Alter
an sich selbst
eine Kranckheit ist/ wiewohl der seelige Herr
Doctor die Gnade von Gott genossen/ daß
Er dennoch
bey so hohen Jahren seinem Ampt und Beruff/ nicht weni=
ger seinen Privat–Sachen nützlich fürstehen können: so hat
Er seit Anfang dieses
Jahrs her einen beschwerlichen Hu=
sten gehabt/ und ob Er wohl immer
Artzney brauchen wol=
len/ hat Er doch/ wegen mithin vorkommender
Patienten,
welche Er nicht völlig abzuwarten/ sich ein Gewissen ge=
macht/ es von Zeit zu Zeit verschoben/ wie Er denn nur
noch vor wenig Wochen
allbereit Abends ein Digestivum
eingenommen/ wegen eines Morgends darauf
vorgestosse=
nen Patienten aber/ damit nicht fortfahren können/ bey
welchem Zustande gleichwohl Er noch so mit auszugehen
vermocht/ gestalt Er denn noch
Mitwochs vor 8. Tagen
dem Frühe=Gottes=Dienst in der Kirchen andächtig mit
beygewohnet/ biß Donnerstags darauf/ als den 10. itzt=
lauffenden Aprilis zu Nacht/ Ihn ein ziemlicher Frost an=
gewandelt/ dabey denn eine jählinge und immer=zunehmen=
de
Mattigkeit sich ereignet/ und ob Er wohl selbst sich dien=
same
medicamenta verordnet/ hat doch die Mattigkeit und
das hohe Alter deren gute Würckung
nicht befördern kön=
nen. Gleichwohl ist er darbey auch nicht gantz
bettlägerig
worden. Montags in der Nacht hat Er noch ziemlichen
Schlaff gehabt/
an statt aber/ daß man darauf Besserung
verhoffet/ ist Er Dienstags drauf dennoch
weit matter als
vorhin gewest. Und ob wohl der Hoch=Fürstl. Sächsisch=
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auch Hoch=Gräfl. Reuß=Plauische Leib= und Hof=Medi-
cus, Herr
D. Johann Pfeiffer/ Ihn noch vor Mittag
aus Collegialischer Freundschafft besuchet/ auch zugleich
mit Verschreibung
trefflicher Stärckungen versehen/ hat
doch die Natur nichts mehr darbey zu würcken
vermocht/
sondern es hat sich das Röcheln auf der Brust und kurtzer
Athem
immerzu gemehret/ also/ daß Er so fort Mittags
nach Tische/ bey welchem Er gleichwohl
noch mit gesessen/
aber ausser wenige Löffel Suppe nichts genossen/ in sein
gewöhnlich Schlaff=Bette gebracht werden müssen. Darin=
nen Er fernerweit
schwächer und schwächer worden/ dar=
bey aber doch sich noch daran
erquicket/ daß der Hochge=
bohrne Gnädige Graff und Herr/ unser treuer
Landes=
Vater allhier/ noch selbigen Nachmittags gantz gnädig
nach
seinem Zustande fragen lassen/ wie auch/ daß Hoch=
Gräflicher Frau Mutter
Gnaden/ unangesehen Ih=
rer eigenen Unpäßlichkeit/ (welche der
barmhertzige GOtt
bald in vorige Gesundheit verkehren wolle) nicht allein der=
gleichen in allen Gnaden gethan/ sondern Ihm auch dar=
bey
allerhand herrliche schöne Erfrischungen mit übersen=
det/ vor welche hohe
Gnade dann/ wie auch andere Ihm
und denen Seinigen Lebenslang erwiesene Huld und
Wohl=
thaten/ der Seelig=Verstorbene/ wiewohl mit matter Stim=
me/ gantz unterthänigen Danck gesaget/ wie denn nicht we=
niger sämptliche hinterlassene Kinder und Eyd=Männer
hiervor gleicher Gestalt in
aller Unterthänigkeit Lebenslang
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danckbar sind/ und das ihrem Seelig=Verstorbenen Vater
zugetragene
gnädige Wohlwollen auf Sie erben zu lassen/
unterthäniger Hoffnung leben.
Weil dann nun bey dem Seelig=Verstorbenen/ aller
sorgsamen Pfleg= und Wartung/ daran
die Jungfer Toch=
ter bekandlich nicht das Wenigste mangeln lassen/
ungeach=
tet/ die Sprache kurtz darauf sich fast sehr verliehren wol=
len/ hat Sie/ weil sein lieber Beicht=Vater/ der Herr Su=
perintendent/ selbst voritzo unpäßlich/ welchen aber GOTT
bald wieder stärcken wolle!
Herrn Archi–Diaconum
Gruven ümb Zuspruch ersuchen lassen/ der auch
also=
bald willig erschienen/ Ihm tröstlich zugesprochen/ und vor=
gebehtet/ welches auch der Seelig=Verstorbene alles wohl
verstanden/
und/ so viel die Schwachheit zugelassen/ hertz=
empfindlich
nachgesprochen. Und als wohlbemeldter Herr
Archi–Diaconus nach ertheilter
Priesterlicher Einsegnung
von Ihm Abschied genommen/ hat der Seelig=Verstorbe=
ne Ihm noch mit schwacher Stimme vor solchen Zuspruch
gedancket.
Worauf von den Umbstehenden ferner mit Singen/
Behten und Trost=zusprechen
Christlich fortgefahren wor=
den/ da Er denn/ so viel Er gekunt/ mit
nachgesungen und
nachgebehtet/ auch mit den/ wiewohl gar entkräffteten Hän=
den/ bey ein und andern nachdrücklichen Worten ein son=
derbahr Zeichen der Andacht geben/ und bey Nennung des
hochgebenedeyten Nahmens
unsers Heylandes JESU/
sein schwaches Häupt immerzu mit allen Kräfften demüh=
Seite 73

tiglich geneiget/ biß Er endlich unter
solchem andächtigen
und Thränen=fliessenden Gebeht und Singen/ berührten
nechst=verwiechenen Dienstags/ als am 15.
itzt=scheinenden
Aprilis/ Abends halbweg 5. Uhr/ gantz sanfft und ohne
al=
les Zucken/ wie ein Licht nach und nach verloschen/ und nun
sein graues Häupt mit Ehren/ und wohl=männiglichs Be=
trauren allhier/ biß
an den bald künfftigen Jüngsten Tag
zur Ruhe geleget/ der Seelen nach aber/ durch die
blutrin=
stige Seiten unsers HErrn Jesu Christi/ ins himmlische
Vaterland gezogen/ und allbereit eingangen.
Und ist solcher Gestalt der seelige Mann auch hierinnen
von der Güte Gottes seiner
Bitte und offtmahligen Muth=
massung gewähret worden/ da Er hoffte und
vielfältig ge=
dachte/ ohne langes Lager fein bald/ und ehe man sichs
groß
versähe/ aufgelöset zu werden.
Hat demnach unsers seeligen und von uns anitzt der all=
gemeinen Mutter
Erde/ dem Leibe nach/ biß zur frölichen
Auferstehung/ sänfftiglich anvertrauten Herrn Doctors
Dammenhans seine Zeit/ die Er/ in Gottes
Händen
gut und wohl zu stehen/ sich immerdar/ seinem Leichen=Texte
zur Folge/
getröstet/ nach solchem guten Willen seines Gottes
in allem gewähret 73. Jahr/ 28.
Wochen/ und 4. Tage/ und
Er also das erste vom Eingangs=belobten Mann Gottes
Mose beniehmte Ziel menschlichen Lebens/ durch Göttliche
Gnade schon in die
vierdtehalb Jahr überschritten.
Seite 74

Nun der allmächtige/ barmhertzige GOTT habe die=
se Ihm
allezeit=anbefohlene Seele in seinen Händen/ erfül=
le Sie mit Gnaden und
Trost/ gebe dem Leichnam in der
Erden eine sanffte Ruhe/ und am Jüngsten Tage eine
frö=
liche Auferstehung zum ewigen Freuden=Leben/
ümb Christi
willen/ Amen!