Forschungsstelle für Personalschriften Marburg

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Gabriel Clauder (1633–1691): Lebenslauf

Titelblatt

Das
Recht und nützlich=eingerichtete
Vertrauen Davids/
Aus dessen 31. Psalm v. 2.
Bey
Des Weyland Wohl=Edlen/ Vest= und
Hochgelahrten
Hn. GABRIELIS
CLAUDERI
/
Erbsassen auff Zschechwitz/
Der Medicin hocherfahrnen Doctoris/ Chur= und
Fürstl. Sächs. Hochbestalten Leib=MEDICI, des Collegii
Curiosorum Adjuncti und glücklichen
Practici allhier/
Welcher
Den 10. Ianuarii 1691. in beständigen Vertrauen zu GOtt
seelig eingeschlaffen/
Den 15. Ianuar. angestelter ansehnlicher Leichen=Bestattung
in der Kirchen
Zur Aufferstehung Christi
einfältig vorgestellet
Von
M. PAULO MARTINO SAGITTARIO/ Stiffts=Prediger
und des Consistorii Assessore.
ALTENBURG/
Gedruckt bey Gottfried Richtern/ Fürstl. Sächs. Hoff=Buchdrucker.

Seite 36

PERSONALIA.

MEines Lebens Eingang/ Fort= und Aus=
gang endlich betreffende; So bin ich allhier zu
Altenburg auf diese Welt gebohren worden Anno
1633, den 18. Octobris/ in der Mittags=Stun=
de. Und habe ich nicht alleine noch im Mutterleibe alsbald
das Elend und Jammer dieses kümmerlichen Welt=Lebens
erfahren müssen/ indem meine liebe Mutter/ wegen des do=
mahligen höchst=gefährlichen Religion-Krieges/ viel Hertze=
leid ausgestanden/ weil die mit der feindlichen Keyserlichen
Armee einfallenden Croaten meinen hertzlieben Vater in der
Brüder=Kirchen grausam gemartert/ ja gar vor dem Altare
enthaupten wollen. Sie/ die Mutter/ auch selbst im Closter/
in dem Hause/ wo jetzo Herr Rector, M. Müller wohnet/
der Uppigkeit und Wüterey obgedachter Croaten zu entge=
hen/ von ehrbaren Matronen verborgen/ und unter die Stu=
ben=Banck verstecket worden/ weil sie nicht heßlich gestalt ge=
wesen. Sondern/ ich habe auch in dergleichen betrübten Zu=
stande anfangs das Licht dieser Welt erblicket/ massen die
Keyserliche Armee die liebe Stadt mit der leidigen Pest an=
gestecket/ welche denn etliche tausend Menschen/ sonderlich
fast alle Sechswöchnerinnen/ neben dero Kindern/ vor oder
in der Geburt getödtet; wie denn Göttliche Güte und Allmacht
mich/ den allergeringsten und Unwürdigsten/ dergestalt begna=
det/ daß ich das erste Kind gewesen/ das nach Verfliessung
dreyer Monate ist getauffet/ und neben seiner Mutter leben=
dig blieben; Mein Vater war Herr M. Joseph Clauder/
welcher 20. Jahr in der hiesigen Schulen/ als Rector/ und
hernach 20. Jahr der Christlichen Kirchen/ als Diaconus
und folgends Archi-Diaconus/ mit unverdroßener Treue und
erbaulichen Nutzen vorgestanden. Die Mutter ist gewesen
Frau Barbara/ Herrn Michael Neandri/ Archi-Dia-
coni zu Neustadt an der Orla/ Eheleibliche Tochter/ welche im
81sten Jahre ihres Alters verstorben/ nachdem sie 86. Kinder/
Kindes=Kinder und Kindes=Kindes=Kinder erlebet. Diese mei=
ne liebe Eltern nun haben nach Dero obliegenden Schuldigkeit
mich bald von der angebohrnen Erb=Sünde durch die Tauffe
abwaschen und mit dem Namen Gabriel in das himmli=
sche Lebens=Buch einzeichnen lassen.

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Hierauf haben sie mich von meiner zartesten Jugend
an/ zu föderst zur Gottesfurcht und Christenthum bestens
angeführet/ und weil mein lieber Vater ein fähiges Ingeni-
um und angeerbte Zuneigung zum studiren angemercket/
hat Er mich der hiesigen Stadt=Schulen anvertrauet/ da ich
den[n] in allen humanioribus disciplinis fleißig informiret worden;
sonderlich habe ich in Philologicis mühsamen Fleiß angewen=
det/ welches mich auch niemahls gereuet/ massen ich meine
gantze Lebens=Zeit Vergnügung/ Nutz und Ehre davon em=
pfunden. Und habe ich derer domahligen beyden Conrecto-
rum/ als Herrn M. Flosseri/ und M. Listii/ zuförderst aber
des Rectoris/ Herrn Georgii Crauseri treue manuduction/
auch/ nach dero Todte/ öffentlich zu rühmen Ursache; Und
solches um so viel desto mehr/ weil von dem Herrn Crausero
ich die fundamenta und theils controversias Theologicas
ziemlich begriffen/ welches mir hernach wohl zu statten kom=
men und zu Troste gereichet; sonderlich/ da ich auff meinen
Reisen/ und bishieher/ öffters mit Papisten/ Calvinisten/
Jüden und Quackern/ Wiedertäuffern/ Böhmisten/ Pieti=
sten und dergleichen Enthusiasten umgehen müssen/ und also
dero irrige Greuel/ oder auch schimpfliche Heucheley desto leich=
ter erkennen und meiden können.

Als ich das 18. Jahr meines Alters vollendet/ habe
auf Befehl und Raht meines Herrn Vaters/ Bruders und
Praeceptorum/ mich Anno 1652. den 12. Mai. auf die Univer-
sität Jehna begeben/ da ich denn anfangs meine Studia Phi-
losophica, und in specie Physica/ unter Anführung derer Her=
ren Professorum, Stahlii, Zeisoldi, Bechmanni, Olpii und
anderer/ tractiret/ und unter ihnen etlichemahl respondiret und
opponiret. Nachdem ich aber eine sondere Zuneigung zu der
Artzney=Kunst bey mir verspüret/ habe ich/ auf Gutbefinden
meines Herrn Vaters/ und ältern Herrn Bruders/ in GOt=
tes Namen dieses Studium angefangen/ und mich eiferig be=
mühet/ die höchst=nöthige fundamenta Theoriae Medicae/
unter den treuen Raht und manuduction Herrn D. Rollfin=
ckens
/ D. Moebii und D. Schenckens mögligster massen zu
legen/ habe darneben absonderlich das studium Anatomi-
cum und Botanicum fleißig excoliret/ auch unter Herrn D.
Moebii
praesidio de usu Hepatis & Bilis publice disputiret.

Weil denn höchst=gedachte Professores Medici mir mit
sonderbahrer Gunst zugethan waren/ alß war ich gesonnen

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noch länger in Jehna mich aufzuhalten. Nachdem aber der
um die Medicin und Chymie hochverdiente Professor zu Leip=
zig
/ Herr D. Johann Michels/ zu desto besserer tractirung sei=
ner so weitläufftigen Praxi und vieler schweren laborum Chy-
micorum auch seiner raresten Bibliothec durch continuation
seiner trefflichen locorum communium in guten Stande zu
halten/ allezeit 2. biß 3. Candidatos Medicinae, in seinem Mu-
seo, renommirten laboratorio und Tische/ gantz umsonst/
und ohne die geringste Aufwendung/ bey sich hatte/ durch sie
viel Patienten besuchen ließe/ und dahero in Praxi fidelissime
informirete/ und zu meinen grossen Glücke sichs domahls
gleich fügete/ daß eine Enderung bey gemeldeten domesti-
cis vorgienge/ und Herr D. Michels auf recommendation
meines ältern Herrn Bruders/ des Fürstlichen Sächs. Leib=
Medici allhier/ mich zu sich zu nehmen versprochen; Alß än-
derte ich meinen Vorsatz/ und begab mich in GOttes Namen
nach Leipzig/ nach dem ich 3. Jahr zu Jehna mich aufgehal=
ten; Hierdurch nun erlangete ich die bequemste/ und nicht zu
verbesserende Gelegenheit/ mich in dem so kostbaren Studio
Medico fernerweit zu perfectioniren. Und weil hocherwehn=
ter Herr D. Michels einen ziemenden Eyfer/ die Artzney=
Kunst recht zu begreiffen/ bey mir verspührete/ ist Er mir auch
desto aufrichtiger beyrähtig gewesen/ wie Er mir denn Seine
theils propriis laboribus experimentirte/ theils durch viele
und geheime correspondentien erlangte arcana und enchiri-
ses chymico practicas anvertrauete/ und mich gleichfals als
seinen Sohn liebete; Hierbey verseumete ich gleichsam keine
Gelegenheit derer andern Herren Professorum information
zu geniessen/ und dero lectiones zu besuchen/ wie ich denn öff=
ters publice opponiret/ auch Anno 1656. unter Herrn D. Lan=
gens
Praesidio de miscellaneis curiosis Medicis/ und
Anno 1659. unter Herrn D. Michelsen de Phtisi publice disputiret/
in welcher letztern disputation ich aus einer sondern curiosität
mehr als 300. Autores Medicos allegiret. Nachdem auch
auch einem Medico die Wissenschafft derer Bergwercke und
was davon dependiret/ gar nöthig ist/ als habe ich neben
andern Philiatris Anno 1658. eine Reise in die Chur=Sächs.
Berg=Städte und an die Böhmische Gräntze angestellet/ die
daselbst befindliche verschiedene warme Bäder und Sauer=
Brunnen/ beneben allerhand metallen und mineralien/ fleißig
besichtiget und erforschet. Nicht minder habe ich Anno 1659.

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die unvergleichliche Chur=Sächsische Residetnz=Stadt Dreßden
in Augenschein genommen/ auch folgenden Frühling
Anno 1660. mich auff die Ruhmwürdigste Academie Wittenberg/
und in die Churfürstl. Brandenburgische Residentz=Stadt Ber=
lin
begeben/ überal ein und andere Woche verharret/ und
sonderlich in höchst=gedachten beyden Churfürstl. Residentzen
so vielerley nützliche und Anmerckungswürdige curiose raritä=
ten gesehen/ dergleichen denen meisten/ so mit vieler hundert/
ja tausend Thaler Unkosten in Franckreich und andere entfer=
nete Länder reisen/ und verschiedene Jahre daselbst zubringen/
kaum vor Augen kommen. Alß ich mich nun also über 7.
Jahre mit meiner Studien grossen Nutz und Vergnügen zu
Leipzig aufgehalten/ auch die/ dem vitae Academicae zu de-
putiren gewöhnliche Zeit allbereit verflossen/ empfunde ich ei=
ne sondere Begierde/ eine nicht allzulange Reise in frembde
Lande anzustellen/ (worzu mir die jetzo angeführte Reisen
salivam sehr moviret) in ansehen/ daß nicht allein rühmlich/
solche zu besuchen; sondern zuförderst einem Medico sehr nütz=
lich/ massen er durch die mit gelehrten Leuten sich ereignenden con-
versation bequeme Gelegenheit erlanget/ sich in der Medicin und
stets höher steigenden chymie desto vollkommener zu machen:
und dieses reitzete mich um so viel desto mehr/ weil/ vermit=
telst derer von oftbelobten Herrn D. Michelsen versprochenen
special- recommendationen an vornehme Medicos/ meinen
studieren ein grosser Vortheil zuwuchse. Setzte dahero in
Namen Gottes diese meine resolution Anno 1660. mense Ma-
io
fort/ und reisete durch Ober= und Nieder=Sachsen über
Magdeburg/ Lüneburg/ Hamburg/ in die Provincien derer
vereinigten Niederlande/ und als die vornehmsten Städte/
darunter sonderlich die berühmten Universitäten Franecker/
Gröningen/ und Utrecht besichtiget/ begab ich mich nach Lei=
den
in Holland/ und weilen ich solches neben der Stadt Am=
sterdam
vor andern allen mit gelehrten Medicis und allerhand
andern curiosen Leuten angefüllet befunden/ habe ich mich
etliche Monat daselbst aufgehalten/ da denn mit sondern
Nutz und Freuden wahrgenommen/ wie nicht alleine auf der
Academie zu Leiden/ von der Landes Obrigkeit/ alles durch
kluge Sorgfalt löblich angeordnet/ sondern auch die meisten
hochgelehrten Professores durch eine rühmliche aemulation/
und einander gleichsam zu trutze (more dolor! alibi non adeo
consueto) fleißig waren. Hierauf besahe ich die übrigen un=
vergleichlichen Holl= und Seeländischen Städte/ und fuhre

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von Flißingen über nach Engeland/ massen solche quasi pro
stapula gelehrter Leute billich gehalten wurde/ auf dieser hie=
nein Reise ereignete sich unvermuthet/ durch ein Donner= und
Hagel=Wetter/ ein so grausamer Sturm/ daß auch das
Schiff den einen Mast verlohr/ und auf die Flanderischen al=
so genanten Sand= oder Seebäncke/ zwischen Ostende und
Dünkirchen/ getrieben wurde; Göttliche Güte errettete uns
aber/ daß wir endlich zu Dovers glücklich anländeten. Nach
diesen besahe ich ein gutes Theil Engellandes/ verharrete eine
Zeitlang zu Londen/ begabe mich alsdann auf die berühmte
Academie Oxfordt/ und beobachtete bey gelehrten und curio-
sen Leuten/ weswegen ich einen so weiten Weg angestellet.
Nachdem ich aber erfahren müssen/ daß die mir vorhin unge=
wöhnliche feuchte See=Lufft mich gar nicht tauren wolte/ son=
dern öffter Fieber und dergleichen alterationes leiden muste/
als gieng ich nicht allein aus Engelland zurück in die Nieder=
lande
/ und beschlosse/ diese an der See gelegene Oerter gantz zu
verlassen/ hergegen durch die gesunde Lufft in Italien/ meine
Natur wieder in bessern Standt zu setzen/ und vornehmlich
auff der wegen des daselbst vor andern Orten florirenden stu-
dii Anatomico-Chrirurgici sehr renommirten Academie zu
Padua einige Zeit zu subsistiren. Und weil in denen meisten
vornehmen Städten des Röm. Reichs auch viel/ und zwar
offt und mehr Gutes und nüzlichers zu lernen und zu sehen/
als in entferneten Ländern/ so stellte ich diese Reise an auf Cölln/
Coblentz/ Franckfurth am Mayn/ Nürnberg/ Ingolstadt/
Augspurg/ München und denn durch die Tyrolischen Alpes/
über Inspruck und Trident auff Venedig/ und von dar nach
Padua/ woselbst ich vorgesetzter massen das studium Ana-
mico-Chirurgicum best=möglichst excoliret/ die vielen Kran=
cken in denen Hospitälen öffters besuchet/ auch in der Italiä=
nischen Sprache mich geübet. Inzwischen begab ich mich
auch bißweilen in andere vornehme Städte/ sonderlich Vene=
dig
/ und verrichtete alldort/ was zu meinen Vorhaben durch
conversation mit gelehrten Leuten/ dienete. Wie nun in
Engel= und Holland die feuchte See=Lufft mir gantz zu wider
war/ also empfunde ich hergegen von den warmen climate
fast noch mehr Verdruß/ massen mich jede 4. Wochen einmal
die Rose am Haupte mit Fieberischen Zufällen überfiele. Weil
ich denn über Jahr und Tag keine Gelegenheit zu Beichten
und communiciren gehabt/ als machte ich mir billich ein
Gewissen/ in Ansehen/ daß ein gefährliches hitziges Fieber mir

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leicht das Leben nehmen können. Aenderte dahero meine re-
solution/ noch länger in Italien zu verziehen/ und nach einer
fernern Reise nach Franckreich und also das liebe Vaterland
wieder zu betreten/ besahe die vornehmsten Städte in der Lom-
bardie
und Ligurien/ und reisete/ nachdem ich mich neun Mo=
nat darinnen aufgehalten/ über Meiland durch die Schwei=
tzerischen höchst=verdrüßlichen Alpes auf Basel und Straßburg/
an welchen beyden Orten ich wegen vieler gelehrten Leute ei=
nige Monate verharrete/ hernach meine Rück=Reise über
Worms/ Speyer/ Philipsburg/ Franckenthal/ Franckfurth/
Fulda/ Gotha/ Erfurth und Leipzig glück= und vergnüglich
vollendete/ und danckte meinen gütigsten GOtt/ daß er mich
offt aus Leibes= und Seelen=Gefahr errettet und erhalten.
Nachdeme nun auch die Mannbaren Jahre bey mir vorhan=
den/ weil ich in die 10. Jahr auff Academien und Reisen zu=
gebracht/ als erwoge ich Christlich/ daß mit dem mir anver=
trauten Pfunde/ GOtt und dem Nechsten Praxi Medica zu
dienen/ mir obliege/ erlangte dannenhero Anno 1661. zu Leip=
zig
/ von meinen vorigen treuen Praeceptoribus, nach gehalte=
ner disputatione de Philtris, & superatis examinibus, den gra-
[d]um Licentiati, und folgendes Jahres Doctoris. Ob ich
nun zwar Anfangs auff guth befinden offtbelobten Herrn D.
Michels
und deren lieben Meinen willens war/ mich zu Ham=
burg
niederzulassen/ als wohin mich vorhin die berühmten
Herrn Langermänner und andere vornehme Leute daselbst ein=
geladen; Nachdem sichs aber damahls gantz unvermuthet
fügete/ daß der um hiesigen Ort hochverdiente Bürgemei=
ster/ Stadt=Physicus und Polyhistor/ Herr D. Reinesius/
sich von hier nach Leipzig wendete / als befunden die Meinen
rathsamer zu seyn/ dem lieben Vaterlande zu dienen/ als
welches billig allen andern vorzuziehen; Begabe mich also in
Gottes Namen/ Anno 1661. mense Novembri hierher/ wel=
ches mich auch niemahls gereuet/ denn es gefiel dem gütigen
GOtt/ meine Medicinische Wissenschafft und Praxin Medi-
cam dergestalt zu segnen/ daß nicht alleine hier in der Stadt
und hiesigen Lande/ sondern auch in andern Städten dieser
Gegend viel vornehme und gemeine Leute ein sonderes Ver=
trauen zu mir bekommen/ dergleichen nach und nach/ fast an
allen Schönburgischen/ wie auch verschiedenen Fürstlichen und
Gräfflichen Höffen geschehen/ und von etlichen Bestallungen
von Haus aus erhielte/ so gar/ daß allen meinen Patienten
mit Medicinischen Rath beyzustehen mir öffters unmüglich

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fiele. Hierbey habe ich dem lieben Vaterlande sonderlich treue
Dienste geleistet/ bey der Anno 1682. und 83. allhier grassirenden
Pest/ da ich nicht weggezogen/ ungeachtet viele von meinen
vornehmen auswärtigen Patienten/ mich darzu bereden wollen/
sondern habe dem Stadt=Physico/ Herrn D. Pillingen / we=
gen seiner schwachen complexion alle Tage consiliis Medicis
beygestanden. Nachdem ich mich nun gedachter massen durch
glückliche und von GOtt geseegnete Curen etliche Jahr lang
legitimiret/ als hat die weyland Durchlauchtigste/ unsere
damahls gnädigste Princeßin und Landes=Mutter/ Frau Mag=
dalena Sibylla/ Hertzogin zu Sachsen
/ höchst=seeligsten An=
denckens Anno 1665. ein gnädigstes Vertrauen zu mir gefasset/
und mich zu Dero Medico Ordinario erfordern lassen. Ob
ich nun wohl der würcklichen Hoff=Auffwartung zu entschla=
gen mich sehr bemühete/ sonderlich/ da Ihre Durchläuchtig=
keit öffters mit gefährlichen Leibes=Zufällen beschwehret wur=
den/ und lieber in meiner bisherigen/ zwar höchst=mühseeligen
Praxi dem bedürffenden Nechsten ferner hülffliche Hand gebo=
ten hätte; So befunde ich mich de[n]och verpflichtet/ der gnädig=
sten Landes=Obrigkeit vor allen andern unterthänigst zu dienen.
Verwaltete also dieses mir nicht sonder Unwillen angetrage=
nes Amt 3. Jahr lang/ biß an höchst=gemeldeteter Princeßin
Durchlauchtigkeit seel. Ende. Gleichfals hat der weyland
Durchl. unser domahliger gnädigster Landes Fürst und
Herr/ Herr Friedrich Wilhelm/ Hertzog zu Sachsen/ Christ=
mildester Gedächtniß/ nachdeme bey Deroselben/ wegen zu=
nehmenden Alters sich vergrössernder gefährlichen Leibes dis-
position/ der bestelte Leib=Medicus/ mein lieber ältester Bru=
der/ Herr D. Joseph Clauder/ nicht minder wegen anwach=
sender eigener cachexia sanguinis, calculi und anderer Zufäl=
le die sorgfältige und hochmühsame Auffwartung alleine nicht
mehr verrichten können/ Anno 1667. diesem mich substituiret/
und so wohl in dem Hoff=Lager auff Reisen mich auffwarten
lassen/ auch nach dessen im 1668sten Jahre erfolgten seeligen
Todte zu Dero Leib= und Hoff=Medico völlig gnädigst bestel=
len lassen; Mit dergleichen Hoch=Fürstl. Gnade hat die wey=
land Durchlauchtigste/ unsere domahls gnädigste Fürstin und
Frau/ Frau Dorothea/ gebohrne und verwittbete Hertzogin
zu Sachsen
/ nach Absterben meines jetzo gedachten Herrn
Bruders/ meine geringe Person gewürdiget. Als auch bey
angehenden 1669sten Jahre der Fürstlichen jungen Herrschafft
Leib=Medicus seel. verstorben/ so haben höchst=gemeldete un=

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sers gnädigsten Landes Fürstens Hochfürstl. Durchlauchtig=
keit dieses hohe Amt mir gleicher massen gnädigst anvertrau=
et/ und weil nach Ihrer Durchl. höchst=seel. Ende die Chur=
und Fürstliche Sächs. Ober=Vormundschafft/ bey reforma-
tion und Einziehung vernommen/ daß ich/ was einem recht=
schaffenen Medico ziemet/ bißhero beobachtet/ alß haben sie
mich in dieser Charge gnädigst confirmiret/ welche ich auch
mit gewissenhaffter Treue und unverdroßener Vorsorge unter=
thänigst verwaltet/ biß die Durchlauchtigste Princeßin nun=
mehro hochseel. Gedächtnüß von Dero Durchl. Gemahl Anno
1671. nach Halla heimgeführet worden/ und Anno 1672. der
Durchlauchtigste Printz/ Hertzog Friedrich Wilhelm der Drit=
te
diese Welt gesegnet. Nach diesem höchst=seel. Absterben
hat der Durchlauchtigste Landes-Successor/ Herr Ernst/ Her=
tzog zu Sachsen
/ zu Dero und Hoch=Fürstl. Familie Leib=Me-
dico von Hause aus mich bestellen lassen/ und so wohl durch
Dero Archiatrum Ordinarium Herrn Dan. Ludovici sich offt
meines consilii Medici gebrauchet/ als auch bey hiesiger An=
wesenheit der Durchl. Gemahlin und Hoch=Fürstlichen Kin=
der würckliche Auffwartung unterthänigst abstatten müssen;
Dergleichen von Dero in der Regierung succedirenden/ jetzo
unsern regierenden Landes=Fürsten/ Hoch=Fürstl. Durchl.
continuiret worden/ von welcher Ihrer Durchl. ich bishieher
vielerley Hoch=Fürstl. Gnadenbezeugungen genossen. Wie
Sie denn unter andern Anno 1680. den 24. Iulii durch 2. De=
ro vornehme Ministros mich in würckliche Dienste nach Go=
tha
gnädigst ersuchen lassen/ weil der qualificirte Leib=Medi-
cus Herr Ludovici/ wegen zunehmenden Alters und Wasser=
sucht zu fernerer Aufwartung unbrauchbar worden. We=
gen dieser Hoch=Fürstl. Confidenz aber habe neben unterthä=
nigster Dancksagung mich bedancket/ in Ansehen/ daß
dergleichen schwere Last/ derer würcklichen Hoff-Dienste aufs
neue zu übernehmen/ ich mich allzu fähig nicht befunden. Uber
dieses auch feste beschlossen/ meinem lieben Vaterlande im
Schweiß meines Angesichts bis an mein Lebens=Ende bey=
zustehen. Aus jetzo angeführten Ursachen habe dergleichen
unterthänigster Dancksagung Anno 1673. den 29. Ianuarii mich
bedienet/ als der Durchlauchtigste Fürst und Herr/ Herr
Christian Ernst/ Marggraf zu Brandenburg Bayreuth/
meine Wenigkeit zu Dero Leib-Medico beruffen liesse; So
hat auch der Durchlauchtigste Churfürst zu Sachsen/ und
Burggraf zu Magdeburg/ Herr Johann Georg
der Drit=

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te/ Anno 1682. und 1684. wegen gewisser Curen mich nach
Dreßden gnädigst fordern lassen/ worauf sie denn durch De=
ro Ober=Hoffmarschalln und Ober=Stallmeistern/ Herrn
Baron von Haugwitz meiner geringen Person offt berührte
Charge antragen liessen/ welches denn mit so gnädigsten Ver=
trauen und Eifer geschehen/ daß ich in meinem Gewissen sol=
che Gnade abzuschlagen zweifelhafft worden/ auch deswegen
meinen damahligen Beicht=Vater/ den redlichen Herr M.
Stern
zu rathe gezogen/ worauff ich doch wegen annahenden
Alters und andern Ursachen unterthänigste Entschuldigungen
zu eröffnen mich erkühnen muste. Diesem aber ungeachtet/
haben nach diesen Ihre Churfürstl. Durchl. mit Dero Leib=
Medici Titul mich begnadet/ hätte auch zu dergleichen würck=
lichen Verrichtungen bis dato gelangen können/ woferne es
meines Leibes indisposition zugelassen.

Weil auch einem Christlichen Medico aus wichtigen Ur=
sachen oblieget/ sich zu verehelichen/ als habe ich mir nechst
eyferigen Gebete und Einrathen meiner nahen Anverwandten
Anno 1662. zu einer Ehe=Gehülffin erwehlet die GOtt= und
Tugendliebende/ dohmals Jungfer Regienen Elisabethen/
Herr Victorini Gruners/ Fürstl. Sächs. Cammer= und Lehn=
Secretarii allhier mittlern Jungfer Tochter/ auch den 28.
May gemeldten Jahres
unser Ehe Verbündnüß durch Prie=
sterliche Hand in hiesiger Bartholomaei Kirchen vollziehen las=
sen. Diesen unsern Ehestand hat Gottes Güte mit 3. Kin=
dern/ als 2. Söhnen und 1. Tochter geseegnet/ nehmlichen
Johann Victorino/ welcher den 27. Februarii Anno 1663.
gebohren/ aber nach 9. Tagen diese böse Welt wieder verlas=
sen. Hernach Maria Elisabetha/ welche Anno 1686. den
6. Iulii
Herrn D. Friedrich Wilhelm Claudern/ Medic. Pra-
ctico/ ehelich vertrauet worden/ welche Anno 1687. den 8.
Septembr.
einen todten Sohn/ Anno 1689. den 22. Aprilis a=
ber einen/ durch Göttliche Güte/ noch lebenden Sohn/ Ga=
briel Friedrich
/ zu meiner grossen Freude zur Welt bracht;
Und endlich Johann Christian/ welcher/ nach dem er auf der
Universität Jehna/ unter treuer special-Anführung des be=
rühmten Herrn D. Wedels/ wie auch derer andern Herren
Professorum theoriam medicam tractiret/ hierauf in die
vereinigten Niederlande verreiset/ vornehmlich zu Leiden seine
studia continuiret.

Wie wir in übrigen unsern Ehestand in gleich gesinn=
ter Christlichen Vergnüglichkeit geführet/ in Ansehen meine

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allerliebste Ehe=Genoßin allezeit treulich vor mich gesorget/
die Haushaltung sorgfältig dirigiret/ mir auch in meinen la-
boribus chymicis und in specie/ bey Erfindung des sehr müh=
samen Methodi balsamandi sine evisceratiooe emsig beyge=
standen/ weiß ich am besten/ und bekenne dieses Ihr zum
danckbaren Nach=Ruhm öffentlich/ wiewohl es bey hiesiger
Stadt annoch in vieler Ehrliebenden frischen Andencken/ und
ist Sie Anno 1686. den 3. Decembr. zu meinen grösten Leid=
Wesen seel. verschieden.

Mein Christenthum und Lebens=Wandel betreffende/
so hat die angebohrne Erb=Sünde mein Fleisch und Blut zu
sündlichen Fehlern täglich verleitet/ und den wahren Glauben
und die Liebe zum Nechsten verkleinert/ ich habe mich aber in
dem Beichtstule und durch geniesung des heiligen Abendmahls
mit meinem gütigsten GOtt/ so viel menschlicher Schwach=
heit möglich versöhnet/ hierbey habe ich den getreuen GOtt
unzehlich mahl demüthigst gedancket/ daß ich im hiesigen Clo=
ster/ wo jetzo Herr M. Rosenthal wohnet/ von meinem lie=
ben Vater/ als einen reinen Lutheranischen Priester und alt=
teutschen biedermanne/ und von meiner frommen Mutter
in stiller Einfalt/ in wahrer Gottesfurcht und andern nöthigen
Tugenden auferzogen worden/ dergleichen stille Lebens=Art
ich 3. Jahr auf der Universität Jehna continuiret/ welches
fundament denn in meinem Leben sich dergestalt feste gesetzet/
und eingewurtzelt/ daß hernach/ als ich die böse und ärgerli=
che Welt anfangs zu Leipzig/ und hernach je mehr und mehr
anderweit handthieren müssen/ fast keine auch derer zugelas=
senen Ergötzligkeiten sonderlich geachtet/ die verbotenen und
sündlichen Wollüste aber niehmals ohne Unwillen und Seuff=
tzen/ auch in meinen jüngern Jahren/ angesehen. Sonder=
lich aber/ nachdem Göttlicher Güte hernach gefallen/ mei=
ne praxin medicam dergestalt weitläufftig zu machen/ daß
ich so wohl mit hohen Standes= und andern vornehmen Per=
sonen/ als auch bey gemeinen Leuten täglich umgehen müs=
sen/ habe ich zuförderst die so viele in Leib= und Seelen=Ge=
fahr stürtzende Trunckenheit gemieden/ da ich denn nüchtern
mit Trunckenen behutsam conversirend/ sonderlich bey Hoffe
vielerley politica mit manier erfahren/ und mich desto besser
in die böse Zeit und böse Welt schicken lernen.

Meine Patienten habe ich nach Gewissen/ Verstande und
Kräfften best=möglichst zu versorgen mir jederzeit angelegen seyn
lassen/ daß ich ein gutes Theil meiner Gesundheit zugesetzet/ und

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[al]so das von GOtt mir gesetzte Lebens=Ziel gleichsam verkür=
tzet/ sonderlich wegen meiner mühsamen Aufwartung bey
Hoffe/ beschwerlichen Reisen und sonsten; doch habe ich die=
ses meiner Seeligkeit zuträglicher zu seyn erachtet/ als wenn
ich meinem Beruff nachläßig obgelegen. Hierbey habe
ich mich verpflichtet befunden/ daß mir von GOtt vertraue=
te Talentum zu erforschung natürlicher und Medico-chymi=
scher curiositäten/ so viel mir meine labores Practici und or-
dinar-Beruff zulassen wollen/ theoreticè und practicè anzu=
wenden; Dahero ich denn verschiedene Tractate der gelehr=
ten Welt vor Augen geleget/ Als 1. Dissertat. de Tinctura
universali contra abusum Alchymiae. 2. Methodum bal-
samandi cadavera, etiam maiora sine omni evisceratio[n]e,
da ich zugleich methodum annectiret, viele medicamenta
chymica extemporaneè & sine destillatione zu verfertigen;
3. Tractatum, Cinnabarin nativam Hungaricam nova me-
thodo zu figiren. Nicht weniger habe ich mich in die A-
cademiam Leopoldinam Naturae Curiosorum begeben/ und
jährlich nützliche und sondere observationes beygetragen;
dahero die Herren Directores mich auch gewürdiget/ zum
Adjuncto Collegii zu declariren. Durch diese meine zu Got=
tes Ehre und des Nechsten Nutz zielende meditationes und
labores haben nicht alleine viel vornehme Medici und cu-
riose Leute auch exteri bey mir Freund= und Bekandschafft
gesuchet/ sondern habe auch die hohe Gnade gehabt/ von
vielen hohen Standes Persohnen Schreiben und andere
Begnadigungen zu erlangen/ unter welchen ich billich nen=
ne/ Ihr. Röm. Keyserl. Maj. den Cardinal Collonitzsch/
neben andern Chur= und Fürsten. Durch diese Mittel hät=
te ich zu viel grösserer Gnade/ Ehre und Reichthum gelan=
gen können/ so habe ich dergleichen nur vor eine unbestän=
dige Eitelkeit/ flüchtigen Welt-Schatten/ vor Anreitzung zur
Welt=Liebe/ zu Ehr= und Geld=Geitz gehalten/ mich bedacht=
sam dessen abgezogen; doch meinem gnädigen GOtt eyfrig
gedancket/ daß er mir unwürdigen so viel Ehre und red=
lich erworbenes gutes Stück Brodt mitgetheilet/ massen
ein Christ hier und dort in Ewigkeit nicht glückseliger seyn
kan/ als wenn er der Welt ein Ehrlich Gedächtnüß und fa-
mam honestam hinterläßt/ und sterbende ein gut Gewissen
mit ins Grab nimmt.

Diesen demüthigsten Danck abzustatten/ hat mich um
so viel mehr angereitzet/ weil mein lieber Vater verstorben/

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da ich kaum ein Jahr zu Jehna studieret/ und gar wenig Mit=
tel von ihme bekommen/ als/ der unter 8. Geschwistern ich
der jüngste war/ gleichwohl das so kostbare studium Medi-
cum und darauff die über 500. Thaler kostende Reise in frem=
de Lande/ glücklich absolviren können/ und hat Göttliche Gü=
te diese Reise dergestalt dirigiret/ daß ich nach Leipzig zurück
kommende/ einen eintzigen DoppelDucaten übrig gehabt/ un=
geachtet solche in ohngefehr tausend Teutsche Meilen bestan=
den. Hiernechst habe ich dem getreuen GOtt eyfrichst ge=
dancket/ daß er die zu meiner lieben Kinder Christlichen und
vernünfftigen Erziehung angewendete Väterliche Sorg=
falt dergestalt gesegnet/ daß meine Mühe und Treue nicht
umsonst gewesen/ indem ich die liebe Tochter mit meinem
Vetter Ehrlich versorget/ auch ein Söhnlein von Ihr/ zu mei=
ner grösten Freude biß dato gesehen/ auch meinen lieben
Sohn aus denen Niederlanden ehest nach Hause senden wird/
und ich nicht zweiffele/ er werde in meine Fußstapffen treten/
und dem Vaterlande aufrichtige Dienste leisten.

Endlich habe bey dem Punct meines Christenthums
melden sollen/ daß leider/ bekandter massen einige Jahr her/
ein und anderer Theologischer heuchler unter angemaster Pha=
risaeischer Scheinheiligkeit/ aus bloser Neubegierde/ zu uner=
setzlichen Schaden und Aergernüß unserer reinen Lutherischen
Lehre/ allerhand weit=aussehende Enthusiastische Grillen ein=
zuführen sich bemühet; Weil denn hiesiges hochlöbliches
Fürstl. Sächs. Consistorium und sämtliches Ministerium
solches vor höchst=verwerfflich gehalten/ als bekenne ich hier=
durch/ daß ich als ein Alt=Lutherischer Christ sterbe/ und die=
se Neulinge an jenem grossen Gerichts=Tage anklagen wer=
de.

Meine Kranckheiten und Lebens=Ende endlichen be=
treffende/ so hatte ich mich von beyden hertzlieben Eltern ei=
ner Erb=Kranckheit/ nehmlich/ des Nieren=Steins zu befah=
ren/ wie denn auch meine drey Herren Brüder biß an Ihr
seel. Ende/ viel davon ausgestanden; Es hat aber GOtt ge=
fallen/ mich durch gute Diaet und Meidung übrigen Wein=
trinckens/ auch Gebrauch dienlicher Artzneyen/ welche ich gu=
ten theils selbst erfunden/ damit gnädig zu verschonen/ doch
habe ich von der jemehr und mehr einreissenden Geblütsschärf=
fe allerhand Verdrüßlichkeiten nach und nach ausstehen müs=
sen. Als Anno 1665. durch die domahls aus Ungarn zurück=
kommenden Soldaten das gantze Land mit der Ungarischen

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Haupt=Kranckheit und rothen Ruhr angestecket wurde/ und
ich dergleichen Krancke öffters besuchen muste/ gefiel dem ge=
rechten GOtt/ mich selbst mit der rothen Ruhr anzugreiffen;
Derjenige GOtt aber/ der mir dieses zusendete/ heilete mich
auch wieder/ und ließ mich genesen. Anno 1678. hat mich ein
gefährliches hitziges Fieber überfallen; GOtt aber halff mir
solches nach seiner Güte und gewöhnlicheu Treue auch über=
stehen. Seit diesem hat mich zu dreyen mahlen nach und
nach ein schmertzlicher Zufall in dem Gelencke des lincken
Schenckels/ gegen den Lenden über hefftig angegriffen/ wel=
ches ich denen vorhin offt zu Pferde verrichteten Reisen/ auch
Täg= und Nächtlicher öffterer Steigung hiesigen Schloßber=
ges nicht unbillig beymesse; GOtt hat sie aber auch gedäm=
pfet/ und mich biß hieher darvon befreyet. Nicht weniger
wolte sich vor etlichen Jahren der/ meinem seel. Herrn Va=
ter öffters zusetzende Schwindel/ auch etliche mahl einfinden/
nach Gebrauch dienlicher Artzneye[n] aber hat er sich auch wie=
der verlohren. Diese/ meines Lebens letztere Jahre habe
ich wegen zunehmenden Alters und so vielen überstandenen
müheseeligsten Verrichtungen eine engbrüstigkeit oder Asthma
scorbutico-hypochondriacum empfunden/ doch habe ich
meine labores practicos noch ziemlich darbey verrichten können.
Bey angehenden Monat Novembris befiel mich zugleich ein
tumor abdominis tympaniticus/ oder also genandte Wind=
sucht/ welche meinen übeldauenden visceribus chylificantibus
zu zuschreiben/ und vermehrete sich solche jemehr und mehr/ den
13. und 14. Novembr. kam eine schmertzliche cardialgia oder
Hertzdrucken darzu/ nebenst grossen Schlucken/ beschwerlichsten
Durst/ welches mir plötzliche Schwachheit verursachte/ auch den
Schlaff benahm. Weil denn diese Zufälle leicht das Gehirn
mit afficiren hätten können/ also bestellete ich bald mein Hauß/
und versorgete durch Gebrauch des Heil. Abendmahls meine
arme Seele/ woran mir das allermeiste gelegen. Ob nun
wohl das Hertzdrucken/ Schlucken/ etc. ziemlich nachliesen/ wa=
ren doch die anderen Symptomata nicht zudämpffen/ ja/ es ka=
me so viel desto mehr ein schmertzliches Hüfft=Wehe darzu.
Dergleichen abwechselnde Zufälle/ vornehmlich die Töhnung
des Leibes und darinnen befindliches hefftiges brennen/
neben dem Schlucken/ ich über 5. Wochen empfunden; Und
ist mir hierdurch eine stets=anhaltende grosse Mattigkeit zu=
gewachsen. Ob nun wohl die allerköstlichsten Artzneyen/
auch mit Raht anderer vornehmen Medicorum angewen=

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det worden/ so hat doch die galligte/ lauchigte Schärffe/ und
die davon entstehende brennende Schwulst des Leibes nicht
gehoben werden können/ sondern es ist die lympha immer je
mehr ausgetrocknet/ und der Lebens=Balsam des Geblüts
consumiret worden. Nachdem auch die Mattigkeit je
mehr und mehr zugenommen/ der appetit zum Essen ver=
gangen/ als habe ich hieraus vernünfftig schlüssen müssen/
daß es GOTT mit mir zum seeligen Ende schicken werde/
worzu ich mich denn je mehr und mehr bereitet/ und mei=
nem getreuesten JEsu öffters demüthigst gedancket/ daß
Er mir meine Vernnufft richtig erhalten/ und also Gele=
genheit gegönnet/ mit Ihme eiferigst zu reden; Die dar=
bey ausgestandene grosse Schmertzen rechne ich als den en=
gen mit Dornen bewachsenen Himmels=Weg/ welchen ein
sterbender Christ doch betreten muß/ und wündsche einem
jeden hinterbleibenden Christen eine seelige und fröliche Nach=
fahrt/ Amen.

Biß hieher hat der Seelig=Verstorbene alles selbst
concipiret. Hierauff hat die Mattigkeit sich mercklich
vermehret/ und alles zu einer seeligen auflösung sich geschi=
cket/ worzu der Seelige sich wohl bereitet/ und in den kind=
lichen einmahl gefasten Vertrauen beständig angehalten/
auch nicht abgelassen/ seinen JEsum/ dessen heilbringen=
den Namen er viel tausendmahl geruffen/ zu ersuchen/ daß
er sich seiner erbarme/ ihn in seinen Glauben stärcke/ wie=
der den letzten Feind den Tod ritterlich helffe ringen/ und
mit seiner mächtigen Hand fest halte: Welches sehnliche
Begehren auch der gütige und getreue JEsus/ an abge=
wichenem Freytage/ Nachts gegen 12. Uhr/ war der 9. huius
/ in Gnaden erfüllet/ und die durch Ihn geheiligte
und gestärckte Seele nach vorher ergangener Priesterlicher
Einsegnung durch ein sanfftes Abscheiden aus dem abge=
marterten Leibe abgefordert/ da er dieses mühsame Leben
gebauet 57. Jahr 11. Wochen 6. und ein halben Tag.

GOTT sey gedancket vor seine tausend=
fache Güte/ die Er dem wohlseeligen Herrn Do-
ctori von seiner Kindheit an reichlich erwiesen:
Er lasse Dessen Gebeine in dem Grunerischen
Begräbnüß bey den grünenden Gebeinen der

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Ehe=Liebsten und Schwieger=Eltern biß an je=
nen Tag grünen/ an welchem sie mit Fleisch und
Adern umbgeben in die Vorhöffe des HErrn
werden versetzet werden/ umb gleich den Palm-
Bäumen alldort ewig zu grünen.

Dieser HERR gebe kräfftigen Trost denen
hinterlassenen hochbetrübten abwesenden Herrn
Sohne/ Frau Tochter/ Herrn Eydam/
Frau Schwestern und der gantzen vornehmen
Freundschafft/ er gebe Barmhertzigkeit dem
Clauderischen Hause/ daß es/ wie bißhero/sich
ferner ausbreite und wachse in viel
tausend mahl tausend/
Amen.