Vormoderne Bildungsgänge im Spiegel von Leichenpredigten

In dem jüngst von Juliane Jacobi, Jean-Luc Le Cam und Hans-Ulrich Musolff herausgegebenen Sammelband "Vormoderne Bildungsgänge. Selbst- und Fremdbeschreibungen in der Frühen Neuzeit" (Beiträge zur Historischen Bildungsforschung 41, Köln/Weimar/Wien 2010), findet sich der Aufsatz "Reproduktion, Ausdifferenzierung, Seitenwege. Bildungsgänge in ratsverwandten Familien im Spiegel von Leichenpredigten (1520-1720)" des französischen Historikers Jean-Luc Le Cam, Maître de conférences an der Universität Brest, der anhand von 559 Leichenpredigten auf Bürger aus Ratsfamilien die unterschiedlichen Teile ihrer Bildungswege, wie Privatunterricht, gymnasiale Bildung, Studium und Bildungsreisen, statistisch untersucht. Obwohl die Bürger durch die Mitgliedschaft im Rat in die städtische Elite aufstiegen, verblieb ihre wirtschaftliche Basis in Handel und Handwerk. Darum spielte die praktische Ausbildung der Ratsmitglieder weiterhin eine sehr große Rolle, so dass Le Cam in den Leichenpredigten teilweise interessante Kombinationen des praktischen und des schulischen Bildungsganges findet. Außerdem ergeben sich aus den Lebensläufen aufschlussreiche Hinweise auf den Einfluss von Stiefeltern und Seitenverwandten auf die Bildungswege.