Leichenpredigt auf einen Selbstmörder

Kommentierte Edition erschienen

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Am 17. Mai 1596 reist der aus einer wohlhabenden Nürnberger Familie stammende Grundbesitzer und Privatgelehrte Christoph Rhelin (geb. 1527/1528) nach Kulmbach und besucht, nachdem er in einem Gasthaus abgestiegen ist, einen befreundeten Fürstlichen Rat, anscheinend, um sich in Glaubensfragen mit ihm zu beraten. Am folgenden Tag kehrt Rhelin in den Gasthof zurück, geht an den Main und versucht, sich mit einem Hirschfänger umzubringen. Die Selbsttötung misslingt, Rhelin wird von Dienstboten, die seine Hilferufe gehört haben, in das Gasthaus zurückgebracht und verlangt nach einem Geistlichen.

Dieser, der Kulmbacher Syndiakon Johann Pertsch (1563-1637), der auch die Leichenpredigt auf Rhelin verfassen sollte, erteilt ihm nach einem längeren Gespräch die Absolution und reicht ihm das Abendmahl. Rhelin stirbt in der Nacht vom 19. auf den 20. Mai 1596.

Stringent und rhetorisch geschickt verfolgt Pertsch in seiner Leichenpredigt das Ziel, Rhelin als vorübergehendes Opfer von "Anfechtungen des Teuffels" (S. 36) darzustellen, die prinzipiell jedem drohten, besonders aber solchen, so scheint Pertsch zu insinuieren, die sich heterodoxen Glaubensinhalten zuwendeten. Zugleich verteidigt er seine Erteilung der Sakramente an den Selbstmörder.

2013 hat Klaus Knothe diese Trauerschrift unter dem Titel "Nachrufschrift für den Selbstmörder Christoph Rhelin aus dem Jahr 1596" neu herausgegeben. Der Band enthält eine buchstabengetreue Umschrift mit kurzen Wort- und Sacherläuterungen im Fußnotenapparat; ein ausführlicher Kommentarteil mit eingehenden sozialhistorischen und -geographischen sowie biographischen Erläuterungen erschließt die Leichenpredigt wissenschaftlich.

Bibliographische Informationen:
Johann Pertsch, Nachrufschrift für den Selbstmörder Christoph Rhelin aus dem Jahr 1596. Kommentierte Edition, hg. von Klaus Knothe, mit einem Vorwort von Ralf Schuster, Passau 2013, ISBN 978-3-940784-16-2