Forschungsstelle für Personalschriften Marburg

Ein Pfalzgraf und seine Bibliothek

07.08.2014

Kategorie: Nachrichten

Die Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken

Im aktuellen Beitrag der Artikelserie "Leben in Leichenpredigten" wird ein Fürst vorgestellt, der auch noch nach seinem Tod der Konfrontation zwischen lutherischen und reformierten Glaubensprinzipien ausgesetzt war. Zeit seines Lebens versuchte eben dieser Pfalzgraf Karl I. von Pfalz-Birkenfeld (1560-1600) als strenger Lutheraner die Oberhand im Kampf gegen die reformierten Anhänger des neuen Glaubens zu bekommen, dem auch ein Teil seiner eigenen Familie anhing. Das 'Rüstzeug' in diesem Glaubenskampf ist heute noch als historischer Bestand des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz, in der Bibliotheca Bipontina, erhalten. Dieser Zweibrücker Standort des LBZ, den die Autorin des Artikels, Dr. Sigrid Hubert-Reichling, leitet, enthält eine bedeutende Büchersammlung, die ihre Wurzeln in der Schulbibliothek des berühmten Hornbacher Gymnasiums illustre (gegründet 1559) hat.

Der Schwerpunkt des LBZ/Bibliotheca Bipontina allerdings ist die Bibliothek des Pfalzgrafen Karl und seiner Nachfahren, welche diese gemäß seinem Testament bis zur Französischen Revolution stetig ausgebaut haben. Sie konnte trotz der fast vollständigen Zerstörung Zweibrückens am 14. März 1945 gerettet werden.

Die Gründungsbibliothek Karls I. spiegelt die Sozialisationen dieses Bibliophilen an den Brennpunkten der Entstehung des großen lutherischen Bekenntniswerkes, des Konkordienbuches, wider und wurde von ihm als Arbeitsbibliothek zur Festigung und Verteidigung seines und seiner religiösen Multiplikatoren Glaubens ausgebaut. Gleichwohl fehlen in dieser Sammlung nicht prächtige Repräsentationsstücke von der Art der handkolorierten Lutherbibel (Hans Lufft: Wittenberg 1543) oder 67 wertvollster Bucheinbände des berühmten kursächsischen Hofbuchbinders Jakob Krause. Über die anfängliche theologische Schwerpunktbildung hinaus erweiterten die Pfalz-Birkenfelder Pfalzgrafen ihre Bibliothek um all jene Themenbereiche, die für eine Hofhaltung im 16. bis 18. Jahrhundert bedeutend waren. Die Themenvielfalt der Werke, die von theologischen Streitschriften, klassischen Texten antiker Autoren über das Fortifikationswesen oder der Pferdekunde bis hin zum aufwändig gestalteten barocken "Welttheater" reicht, bietet mannigfaltige Ansätze für Forscher unterschiedlichster wissenschaftlicher Provenienz.

Als Zeugnis familiärer und sozialer Bindungen des Pfalzgrafengeschlechts enthält die Bibliotheca Bipontina auch eine ansehnliche Sammlung von Personalschriften. Diese wird - wie auch der übrige 'Altbestand' - zur Zeit in einem Retrokonversionsprojekt einer breiten Öffentlichkeit über den gemeinsamen Katalog des LBZ zugänglich gemacht.

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