Forschungsstelle für Personalschriften Marburg

Band 50 der Marburger Personalschriften-Forschungen erschienen

26.11.2010

Kategorie: Neuerscheinungen

Band 50 der Marburger Personalschriften-Forschungen ist erschienen:

Katalog der Leichenpredigten und sonstiger Trauerschriften in der Universitätsbibliothek Leipzig. 5 Bde. 50/1-3 Katalogteil I-III. 2010. XX, 1727 Seiten; 50/4-5 Registerteil I-II. 2010. VIII, 1426 Seiten. 3 farbige Karten. ISBN 978-3-515-09821-2. Zus. EUR 220,00.

 

Band 50 der Reihe Marburger Personalschriften-Forschungen erfasst Trauerschriften, die zwischen 1523 und 1801 im Druck erschienen sind. Mit ihren zahlreichen Verfasserschaften wird nicht nur Mittelsachsen und Mitteldeutschland sehr dicht, das gesamte übrige Alte Reich weniger dicht abgedeckt, wie die erstmals einem Katalog der Marburger Personalschriften-Forschungen beigegebenen Karten belegen.

Welche sozialen Gruppen in Trauerschriften repräsentiert wurden, zeigen die Stände und Berufe der Verstorbenen. Das Spektrum reicht von Mitgliedern des Hochadels, Herrschaftsträgern, Akademikern, Geistlichen, Hofbediensteten, Beamten und Offizieren über Kaufleute, Ärzte, Apotheker, Buchhändler, Goldschmiede, verschiedenste Künstler und Mechaniker bis hin zu Gastwirten, Förstern und Jagdbediensteten. Ein herausragender Gelehrter war der Polyhistor Hermann Conring (1606-1681), der die Rechtsgeschichte als eigenständige Disziplin etablierte. Johannes Ernst Hebenstreit (1703-1757), ein Mediziner und Naturforscher, unternahm eine Expedition durch Nordafrika.

Unter den 5.709 Katalogeinträgen befinden sich 1.885 auf Frauen und Mädchen, was dem in diesen Quellen gemeinhin vorgefundenen Verhältnis der Geschlechter entspricht. Einige Leichenpredigten ehren Frauen, deren Fürsorge in besonderer Weise ihren Mitmenschen und der Gemeinschaft galt. Darunter findet sich die 1658 in Mügeln verstorbene Sabina Grundman, die sich intensiv mit der Herstellung von Arzneien beschäftigte und den Armen unentgeltlich Hilfe leistete. Das Konfliktpotential in einer Universitätsstadt zeigt das Schicksal Joachim Castners, der 1668 von einer Gruppe betrunkener Studenten in Jena auf offener Straße erstochen wurde. Ein besonders tragischer Vorfall ereignete sich im Jahre 1687 in Meißen, wo sich der sechzehnjährige Christian Gottfried Heidenreich, Alumnus der dortigen Fürstenschule, der sich - beinflusst durch die Stimmung beim Spielen von Trauerliedern auf dem Klavier - in der Nacht vom Dach stürzte. Die von seinem Vater verfasste Trauerschrift gibt Einblick in die vielfältigen Auswirkungen dieses Ereignisses auf Eltern, Mitschüler, Lehrer und Erzieher des Unglücklichen. Den Zusammenhang zwischen Aberglauben und Hexenverfolgung dokumentiert die Leichenpredigt auf den Pfarrer Benedictus Christophorus Gericcius (1609-1675). Von ihm heißt es, er habe nicht in den Genuss von Muttermilch kommen können, weil seine Mutter „von einer Zauber-Hexe verderbet worden, welche auch wegen mehrer Zauberey mit ihrer Tochter zu Leisnick endlich ist verbrand worden". Gerüchte über Verstorbene machten nicht selten unmittelbar nach deren Ableben die Runde. Die üble Nachrede galt dabei oft dem Lebenswandel und den Todesumständen, wie es im Falle des 1595 gestorbenen Stollberger Stadtschreibers Erhardt Siegel geschah. Ihm wurde nachgesagt, er habe sich an Fischen und Vögeln "zu Tode gefressen". So erschließen Katalog- und Registerbände die Leipziger Quellen und ihre schier unerschöpflichen Informationen über Leben, Handel und Wandel der Menschen in der Frühen Neuzeit über einen Zeitraum von nahezu 300 Jahren.

Aussagekraft und Übersichtlichkeit des Katalogs wurden im Band 50 der Reihe durch die Beigabe von drei Karten nutzerorientiert ausgebaut. Die Karten entstanden aus dem Datenmaterial der Katalogisierung in enger Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden unter Leitung von Frau Prof. Dr.-Ing. Martina Müller. Der Katalogteil I enthält eine Karte der Berufs-, Dienst- und Absendeorte des Bestandes; Katalogteil II die Karte der Beerdigungsorte und Katalogteil III die Karte der ermittelten Druckorte unter besonderer Berücksichtigung der Anzahl der Nennungen pro Ort.

Aus dem Inhalt:
Das Vorwort informiert über Grundsätzliches bei der Erarbeitung und für die Benutzung des Bandes. Der Herausgeber umreißt die fast 20jährige Arbeit der Forschungsstelle für Personalschriften an der Technischen Universität Dresden, die mit Band 50 nicht nur ihren 15. Katalog sächsischer Leichenpredigten vorlegt, sondern auch zugleich ihren letzten. Im Katalogteil sind die Einträge nach der alphabetischen Reihenfolge der Namen der Verstorbenen geordnet. Eine differenzierte Nutzung des Kataloges ermöglichen die Register, in denen gezielt nach Personennamen, Berufen, Orten und bildlichen Beigaben gesucht werden kann, und drei Übersichtskarten.

Interessenten:
Kultur-, Literatur-, Kirchen- und Medizinhistoriker, an Historischer Demographie, Historischer Familienforschung und Regionalgeschichte Interessierte, ferner Kunst- und Musikwissenschaftler, Institute, Bibliotheken, Archive und Museen.

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